Region Stuttgart – Deep-Tech-Standort!

Rede zum Haushalt 2026 des Verbands Region Stuttgart

Regionalversammlung 17.12.2025

Rede von Prof. Dr. André Reichel, Franktionsvorsitzender.

– Es gilt das gesprochene Wort –

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
Herr Regionaldirektor,
Mitglieder der Regionalversammlung,
verehrte Gäste,

wenn wir heute den Haushalt 2026 des Verbands Region Stuttgart verabschieden, dann tun wir das in einer Situation, die viele Kommunen, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger als gleichzeitig angespannt und verunsichernd erleben.

Die kommunalen Haushalte stehen unter erheblichem Druck. Zentrale Industriezweige der Region – vom Automobilbau über die Zulieferer bis zum Maschinenbau – befinden sich mitten in einer tiefgreifenden Transformation. Der Fachkräftemangel wird zunehmend zu einer harten Grenze für wirtschaftliche Entwicklung, für öffentliche Dienstleistungen und für die Umsetzung politischer Vorhaben. Und dann ist da noch die Dauerbaustelle Verkehr, mittendrin, ein Bahnhof, der nicht fertig werden will.

Das alles sind keine voneinander getrennten Einzelprobleme. Es ist auch keine kurzfristige Krise, die man einfach aussitzen könnte. Vielmehr erleben wir eine Phase tiefgreifender struktureller Veränderungen – wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich –, die uns noch über Jahre begleiten wird.

Wirtschaft und Transformation

Dabei gibt es aber manche, die in den politischen Debatten so tun, als sei Transformation am besten mit einer Rolle rückwärts zu erreichen, sei es beim Verbrennungsmotor oder bei fossilen Energieträgern.

Die Realität in der Region Stuttgart ist aber eine andere: Die Transformation läuft bereits. In der Automobilindustrie, bei den Zulieferern, im Maschinenbau, in der Energieversorgung, auf dem Arbeitsmarkt. Sie findet nicht im Konjunktiv statt, sondern im Hier und Jetzt.

Was hier geschieht, ist eine Re-Industrialisierung im doppelten Sinne: als Re-form alter Sektoren mit neuen Technologien – und als Re-volution mit ganz neuen Branchen und Unternehmen, Stichworte sind IT-Hardware und Quantencomputing.

Deutschland – und insbesondere Baden-Württemberg mit der Region Stuttgart – wird deswegen auch ein starker Industriestandort bleiben. Aber dieser Standort wird in Zukunft eben grundlegend anders ausschauen. Alte Wertschöpfung wandelt sich und verschmilzt mit neuer Wertschöpfung dort, wo Digitalisierung, Klimaschutz und technologisch-industrielle Kompetenz zusammengedacht und zusammengebracht werden.

Die Region Stuttgart ist daher aus grüner Sicht alles andere als ein Auslaufmodell, schon gar kein zweites Detroit, sondern ein sich neu erfindender Deep-Tech-Standort: bei Künstlicher Intelligenz, bei neuer IT-Hardware, bei Quanten- und Produktionstechnologien.

Unsere Haushaltsanträge im Bereich Wirtschaft haben genau dort angesetzt: bei Innovation, bei neuen Branchen, bei der Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen, die diesen Wandel tragen müssen.

Sicherlich kann dieser Haushalt nicht alles lösen, aber er gibt die Richtung vor, in die sich die Region Stuttgart bewegt.

Der Verband sollte sich hier auch nicht kleiner machen als er ist, nämlich ein wichtiger Schlüsselakteur, bei dem zentrale Zukunftsfragen zusammenlaufen: Mobilität, Energie, Wirtschaft und Planung.

Der Haushalt 2026 setzt genau hier an. Und: wenn es den Verband nicht gäbe, man müsste ihn genau für die jetzige Zeit erfinden. Das sei den Parteien im anstehenden Landtagswahlkampf sehr deutlich zugerufen.

Regionale Energiewende

Ein weiterer zentraler Schwerpunkt dieses Haushalts ist die Energie- und Klimafrage. Und auch hier gilt: Die Zeiten, in denen Klimaschutz als nachrangiges Umweltanliegen betrachtet werden konnte, sind endgültig vorbei.

Energiepreise, Versorgungssicherheit und Abhängigkeiten sind längst harte ökonomische Faktoren. Sie entscheiden darüber, wo investiert wird, wo Produktionsstandorte gesichert werden – und wo nicht. Klimaschutz ist damit keine Kür, sondern eine zentrale Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz.

Dem Land möchten wir Regionsgrünen gerade beim Thema Erneuerbare Energien zurufen: der Verband hat geliefert! Mit ausgewiesenen Flächen für Windenergie und Freiflächen-Photovoltaik schaffen wir Planungssicherheit, Investitionssicherheit und regionale Wertschöpfung. Das ist konkrete, umsetzungsorientierte Politik und wird vor allem den Kommunen guttun.

Verkehr und Stuttgart 21

Das gilt in besonderem Maße auch für den Verkehr. Eine klimaneutrale, leistungsfähige S-Bahn ist kein Prestigeprojekt, sondern Voraussetzung dafür, dass diese Region im Alltag funktioniert – für Pendlerinnen und Pendler, für Unternehmen, für Kommunen und für soziale Teilhabe.

Beim Verkehr mussten wir dann auch vor wenigen Wochen eine erneute Hiobsbotschaft hinnehmen: Stuttgart 21 wird nicht fertig, der bisherige Inbetriebnahmeplan – Teilinbetrieb ab Dezember 2026, Vollinbetrieb ab Sommer 2027 – ist hinfällig. Als jemand, der lange Jahre gegen dieses Projekt politisch gekämpft hat, mag bei mir aber keine Schadenfreude oder Besserwisserei aufkommen. Der Bahnhof und der gesamte Bahnknoten müssen fertig werden, und zwar voll digitalisiert, damit wir wieder einen zuverlässigen Nahverkehr in der Region fahren können.

Wir Grünen begrüßen den neuen Kurs der Bahnchefin Pallas daher auch ausdrücklich. Es ist nicht die Zeit für Beschwichtigungen, sondern für Ehrlichkeit, wir brauchen belastbare Pläne zur Inbetriebnahme, keine voreiligen Schnellschüsse. In diese Richtung zielt auch die heute zu verabschiedende Resolution zu Stuttgart 21: Transparenz und Ehrlichkeit, endlich eine Partnerschaft auf Augenhöhe, bei der wir nicht immer alles erst aus der Zeitung erfahren.

Fachkräfte und Migration

So wichtig Investitionen, Planung und Verkehr sind – am Ende entscheidet eine andere Frage über den Erfolg der Transformation: Haben wir die Menschen, die sie umsetzen können?

Der Fachkräftemangel ist längst keine abstrakte Größe mehr. Er ist konkret spürbar – in Betrieben, im Gesundheitswesen, im Handwerk, in Verkehrsbetrieben und in den Kommunen selbst. Er entscheidet darüber, ob Projekte umgesetzt oder verschoben werden, ob Innovation gelingt oder an Kapazitätsgrenzen scheitert.

Die Region Stuttgart war immer eine Region der Zugewanderten. Das ist keine ideologische Aussage, sondern eine historische und wirtschaftliche Tatsache. Migration ist für uns Grüne deswegen keine Gefahr oder etwas, was man möglichst klein halten soll, sondern eine Voraussetzung für Wohlstand, Innovationsfähigkeit und gesellschaftliche Stabilität in einer alternden Gesellschaft.

Deshalb haben wir Grünen im Haushalt bewusst Schwerpunkte gesetzt bei Fachkräften, Internationalisierung und Weiterbildung. Migration, Qualifizierung und Integration gehören zusammen, und sie müssen vor Ort gestaltet werden: pragmatisch, lösungsorientiert und mit Blick auf die konkreten Bedürfnisse von Kommunen und Betrieben.

Wir Grünen stimmen diesem Haushalt zu, weil er die Region Stuttgart handlungsfähig hält in einer Phase tiefgreifender Veränderung. Er setzt Schwerpunkte dort, wo Transformation bereits Realität ist: bei Mobilität, Energie, Innovation und Menschen. Und er tut dies ohne Illusionen, aber mit klarem Gestaltungsanspruch und politischer Verantwortung. Der Verwaltung insgesamt, und besonders dem Regionaldirektor, danken wir für die gute Begleitung und Behandlung unserer Anträge.

Gib hier deine Überschrift ein

Artikel kommentieren

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden. Entnimm Weiteres bitte der Datenschutzerklärung.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner