Grüne zum Engagement beim regionalen Gewerbegebiet Weilheim Rosenloh
Prof. Dr. André Reichel
Rede Regionalversammlung 06.12.2023
Wir reden heute über Fläche. Fläche in der Region Stuttgart ist ein knappes Gut. Verschiedene Nutzungsansprüche stehen in Konkurrenz zueinander: Wohnen, Gewerbe, Landwirtschaft, Verkehr, Freizeit, Naturschutz, Klimaschutz und Biodiversität. Diese Konkurrenz stellt alle politisch Handelnden in Region, Kreisen und Kommunen vor schwierige Abwägungsprozesse. Das war auch beim regionalbedeutsamen Gewerbegebiet Weilheim-Rosenloh der Fall. Auch hier musste abgewogen werden. Wie ökologisch schützenswert sind die Flächen? Welche Art von Gewerbe soll eigentlich dorthin? Und was sagt die Bürgerschaft in Weilheim dazu?
All diese Fragen konnten wir abschließend beantworten: es handelt sich nicht um einen regionalen Grünzug, den wir aufmachen müssen. Da war immer schon ein Gewerbegebiet geplant, das nun größer wird. Es gibt mit Cellcentric ein Unternehmen, dessen Produkte und Technologien einen klaren Bezug zum Klimaschutz und zur Zukunftsfähigkeit unserer Region haben. Und – was in der heutigen Zeit nicht immer selbstverständlich ist – die Einwohner Weilheims haben sich in einem Bürgerentscheid klar für dieses Gewerbegebiet ausgesprochen. 70% Ja-Stimmen bei 60% Wahlbeteiligung sind auf der kommunalen Ebene ein sehr klares Ergebnis.
Soweit schien also alles klar. Bis uns im Verband im September die Bitte der Stadt Weilheim erreichte, ihr helfend unter die Arme zu greifen bei der Risikoabsicherung des Grundstückserwerbs. Das ist insofern ungewöhnlich, da der Verband Region Stuttgart bislang so etwas nicht gemacht hat. Schon gar nicht in der Größenordnung, über die wir heute entscheiden.
Aber es war uns Regionalrätinnen und Regionalräten in verschiedenen Sitzungen sehr schnell klar: Ohne diese regionale Unterstützung wird es nicht gehen, ohne regionale Unterstützung besteht die sehr reale Gefahr, dass wir keinen regionalbedeutsamen Gewerbeschwerpunkt mit Cellcentric bekommen werden. Als Verband haben wir sehr zügig reagiert, nicht mal drei Monate sind seit der Anfrage der Stadt Weilheim vergangen, für deutsche Verhältnisse also fast unglaublich. Und gleichzeitig ist der Beschlussvorschlag mit großer Umsicht erstellt worden. Der Dank meiner Fraktion gilt hier der Verwaltung und insbesondere Herrn Regionaldirektor Dr. Lahl.
Zu den Beträgen die in der Vorlage genannt werden, ist mir wichtig zu betonen, dass es sich hier um Maximalbeträge im Worst Case handelt. Wenn also Cellcentric im nächsten Jahr nicht kommen sollte und es uns auch die nächsten 10 Jahre nicht gelingen sollte, auf den Flächen eine Zukunftsbranche anzusiedeln. Das halte ich beim jetzigen Sachstand doch insgesamt für sehr unwahrscheinlich. Und so verteilt sich dieses Risiko, wenn wir über 10 Jahre rechnen, doch in einer Art und Weise, dass es vom Verband durchaus zu verantworten ist.
Vom Verband zu verantworten heißt natürlich: Von den 179 Kommunen in der Region. Denn aus den Umlagemitteln, die uns von den Kommunen zufließen, würde dieser Betrag stammen. Das bedeutet jetzt vor allem für die Stadt Weilheim und unseren Regionalratskollegen Bürgermeister Züfle: Sie handeln ab jetzt nicht mehr nur für sich, für die Bürgerinnen und Bürger, für die Stadt Weilheims, sondern auch in Verantwortung für die anderen 178 Kommunen der Region. Damit liegt viel Verantwortung auf ihren Schultern und den Schultern ihres Gemeinderats.
Aber dieses Vorhaben ist auch ein Vorhaben für die gesamte Region. Mit der Ansiedlung von Cellcentric, mit neuen Technologien im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzelle, bekommt nicht nur Weilheim einen Schwerpunkt, sondern die ganze Region. In Weilheim, in der Raumschaft und in der ganzen Region wird das eine Sogwirkung für Zulieferbetriebe und andere Entwickler im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzelle geben. Damit ist auch diese Risikoabsicherung durch den Verband mehr als gerechtfertigt.
Was ich aber auch klarstellen möchte: Dies hier ist kein Präzedenzfall, es ist nicht der Einstieg eines regelmäßigen regionalen Engagements bei allen möglichen Gewerbegebieten. Es ist ein Einzelfall, bei dem sehr spezielle Bedingungen zusammengekommen sind. Deswegen entscheiden wir heute so. Es kann durchaus sein, dass wir wieder vor so einem Fall stehen, bei dem die richtigen Zukunftstechnologien, die richtige Fläche und die Zustimmung der Bürgerschaft vorliegen. Aber erst dann können wir überhaupt darüber nachdenken, ob wir erneut den Weg einer Risikoabsicherung gehen wollen. Ich glaube nicht, dass dies sehr häufig der Fall sein wird.
Im Neuen Jahr werden wir im Verband und seinen Ausschüssen über Weilheim reflektieren und uns überlegen, inwiefern die Instrumente, die dem Verband zur Verfügung stehen, für die Zukunft ausreichen – oder ob ggf. der Landesgesetzgeber das Verbandsgesetz anpassen und den Sachverhalt eines „regionalen Gewerbegebiets“ (inklusive einer regionalen Gewerbesteuer) aufnehmen sollte. Dieser Diskussion will ich heute nicht vorgreifen, ich möchte aber anregen, dass wir diese Diskussion führen.
Meine Fraktion unterstützt den Beschlussvorschlag und sieht jetzt vor allem die Stadt Weilheim am Zug, die letzten Hindernisse bis zum Jahresende auszuräumen. Die Region hat das ihre getan.