Panoramabahn gerettet, Gäubahnanbindung weiter unklar
Die Zukunft der Panoramabahn im Stuttgarter Norden ist gesichert. Auf dem Sonderlenkungskreis zu Stuttgart 21 am 18. Juli 2022 haben sich Bahn, Land, Region und Landeshauptstadt in einer Absichtserklärung dazu verpflichtet. Vorausgegangen war eine mehrjährige Auseinandersetzung um den Fortbestand der Panoramabahn. Wir Grünen im Verband Region Stuttgart haben hierzu – häufig im Verbund mit den Regionalfraktionen von SPD, FDP und Linke/Pirat – wiederholt Anträge gestellt und alle uns zur Verfügung stehenden politischen Kanäle genutzt. Mit Erfolg: Die Panoramabahn kann nun in ein neues Schienenverkehrskonzept für die Region Stuttgart integriert und die Verkehrswende in Richtung nachhaltiger Mobilität vorangetrieben werden.
Zum Hintergrund: die Panoramabahn ist der Teil der Gäubahn, die auf Stuttgarter Gemarkung verläuft, von Stuttgart-Vaihingen bis zum Hauptbahnhof. Panoramabahn deswegen, weil sich auf ihr immer wieder wunderbare Ein- und Ausblicke in den Stuttgarter Talkessel eröffnen. Die Gäubahn wiederum ist die Verbindung von Stuttgart über Böblingen, Horb, Rottweil und Tuttlingen nach Singen und weiter nach Zürich. Diese Gäubahn soll in Zukunft nicht mehr über den Stuttgarter Norden, die Panoramabahn, geführt werden, sondern über den Flughafen und den Fildertunnel. Lange Jahre war diese Führung über die S-Bahngleise in Leinfelden-Echterdingen geplant, was nicht zuletzt durch den dadurch entstehenden Mischverkehr zu Streit führte. Jetzt soll ein neuer Tunnel nördlich von Böblingen zum Flughafen diese Problematik beseitigen, der sogenannte Pfaffensteigtunnel. Problem hierbei ist, dass dieser Tunnel frühestens 2032 (laut DB-Angaben) fertig sein wird. Wir Regionsgrünen schätzen aber, dass vor 2035 hier nichts fahren kann.
Damit wäre die Gäubahn von der Inbetriebnahme des neuen S21-Tiefbahnhofs im Jahr 2025 auf lange Zeit abgehängt und die Fahrgäste aus dem Süden der Region und des Landes könnten nicht mehr umsteigefrei zum Hauptbahnhof.
An dieser Problematik hat sich mit dem Lenkungskreisbeschluss leider nichts geändert. Daher bleiben wir Grünen weiter gefordert bei der Suche nach alternativen Anbindungen der Gäubahn für die Interimszeit bis zur Fertigstellung des Pfaffensteigtunnels. Damit stehen wir auch an der Seite der Kommunen von Böblingen bis Singen, die das unisono fordern und dazu eine Vielzahl an Gemeinderats- und Kreistagsbeschlüssen getroffen haben. Auch unsere Nachbar-Regionalverbände Nordschwarzwald und Schwarzwald-Baar-Heuberg haben sich hier klar gegen die Abhängung der Gäubahn positioniert.
Mehrere Punkte sind noch zu klären. Zunächst gibt es drei Rechtsgutachten ( der Verkehrsverbände, der Landeshauptstadt, der Gäubahn-Anrainerkommunen) zur Abhängung der Gäubahn, die alle zum gleichen Ergebnis kommen: Es besteht eine Betriebspflicht bis zum Hauptbahnhof, die Strecke kann ohne ein förmliches Verfahren beim Eisenbahnbundesamt nicht stillgelegt werden. Dann sind da die Erfordernisse des Artenschutzes bei den S21-Gleisflächen, die eine Abräumung des Geländes für städtebauliche Maßnahmen auf viele Jahre nach 2025 blockieren. Der Stuttgarter OB spricht von drei bis vier Jahren, auch die Zahl 2032 steht im Raum. Vorher kann gar nicht gebaut werden. Beides zusammen ergibt aus unserer Sicht einen Spielraum, hier zeitlich begrenzt oben zu bleiben, ohne dass ein Nachteil für die Landeshaupt entsteht, während gleichzeitig die Gäubahn angebunden bleiben kann. Was uns aber Sorge bereitet ist der Zustand der Panoramabahn für so eine Anbindung. Da steht ein großer Sanierungsbedarf an, weil die Bahn offensichtlich diese Strecke seit 20 Jahren nicht mehr groß beachtet hat.
Prof. Dr. André Reichel
Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen im Verband Region Stuttgart
Aufsichtsratsvorsitzender Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH