Pressemitteilung vom 19. September 2011
Die grüne Regionalfraktion sieht die Folgen von Stuttgart 21 auf den S-Bahn-Verkehr mit Besorgnis. „Es ist deutlich geworden, dass die S-Bahn durch Stuttgart 21 unter die Räder zu kommen droht“, sagte der grüne Verkehrsexperte Mark Breitenbücher bei der Vorstellung einer im Auftrag der Fraktion erstellten Auswertung der Stresstest-Ergebnisse.
"Von Verbesserungen für die S-Bahn kann nicht mehr die Rede sein", betont Breitenbücher. Der neue Halt Mittnachtstraße, ursprünglich ein Hauptgrund für die Beteiligung des Verbandes Region Stuttgart (VRS) am Projekt, bringe bei näherer Betrachtung auch mit einem Linientausch verlängerte Fahrzeiten und eine Verschlechterung des Angebots. Auch würden Unsicherheiten in das System gebracht, die sich schon bei kleinsten Verspätungen aufschaukeln und den Umstieg auf den Regionalverkehr erschweren würden. Schlechter werde auch die Barrierefreiheit: Bei der SMA-Simulation ergab sich am Flughafen ungefähr bei jedem dritten Durchlauf eine Situation, bei der eine S-Bahn an einem nicht-barrierefreien Bahnsteig hält. Die S-Bahn werde insgesamt unberechenbarer für Pendler.
Völlig unklar sei, wer den notwendig gewordenen Erhalt der Gäubahntrasse und die Kosten der im SMA-Audit angemahnten Zusatzmaßnahmen wie Signalanlagen und den Bau einer Überleitung der S6 in die Fernbahngleise für das Notfallkonzept finanziert. Aus Sicht der Regionsgrünen sei mit dieser Auswertung klar geworden, dass der VRS sehenden Auges für eine Verschlechterung seiner S-Bahn viel Geld zum Fenster rauswerfe. Neben den 100 Mio. Euro direkter Beteiligung bringe der Vertragspartner VRS 300 Mio. Euro an GVFG-Mitteln für das Projekt ein, die anderswo sinnvoller eingesetzt werden könnten. Immerhin handele es sich um die größte Investition seit dem Bau der S-Bahn. „Am Ende haben wir eine unzuverlässige S-Bahn und keine Mittel für einen weiteren Ausbau des Netzes. Das wäre der GAU im regionalen ÖPNV, mit schlimmen Folgen für Wirtschaft und Klimaschutz“, so Fraktionsvorsitzende Ingrid Grischtschenko. „Für uns stellt sich die Frage, ob eine Beteiligung des Verbandes am Projekt überhaupt noch gerechtfertigt ist, oder ob nicht sogar eine Rückforderung der bereits bezahlten Beträge erwägt werden sollten.“
Bei der Vorstellung der Auswertung kritisierten die Regionsgrünen Versäumnisse des Verbandes. Grischtschenko: „Die S-Bahn ist die zentrale Aufgabe des Verbandes. Bisher haben sich weder die DB AG noch die Verbandsverwaltung den Folgen von Stuttgart 21 auf die S-Bahn ausreichend gewidmet. Dem Verband war bereits 2001 klar, dass im kompletten S-Bahn-Netz eine Simulation nötig ist.“ Dieser Nachweis der Leistungsfähigkeit liege bis heute nicht vor. Bislang wurden die bei der Schlichtung aufgeworfenen Fragen zum Betrieb der S-Bahn unter Stuttgart 21 sowohl im Normal- als auch im Notfallbetrieb nicht ausreichend beantwortet bzw. diskutiert. Dies stelle ein Versagen in erster Linie des VRS als S-Bahn-Aufgabenträger dar. Schließlich seien werktäglich 340.000 Pendler auf eine funktionierende S-Bahn angewiesen. „Der Verband ist aufgefordert, die offenen Fragen im Rahmen eines eigenen Auftrages zu prüfen," so die Grünen.