Rede von Dr. Ludger Eltrop Regionalversammlung 25.07.2012
Sehr geehrter Hr. Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich sehr, dass der Begriff der „Energiewende“ auch in diesem Gremium inzwischen zum allgemeinen Wortschatz gehört.
Selten sind alle Fraktionen so einmütig über eine Vorlage wie heute. Ob das vielleicht daran liegt, dass wir uns auf dem allerkleinsten Nenner geeinigt haben? Der vorliegende „Kriterienkatalog zur Ermittlung und Bewertung potentieller Standorte für nicht-privilegierte BGA“ kommt in der Tat etwas großartig daher. Er ist letztendlich nichts anderes als die Bekräftigung von Regeln, die auch schon bisher galten:
· Nach § 35 BauGB privilegierte BGA der Landwirtschaft können in Grünzügen angesiedelt werden, wenn Sie einem landwirtschaftlichen Hof zugeordnet sind.
· Für Anlagen, die nicht diesem Typ entsprechen, also vorwiegend Substrate aus Abfällen und Reststoffen nutzen und meist industrielle Betreiber haben, wird ein Regelwerk zur Standortidentifikation mit einem regionalen Suchlauf nach drei Kriterien ( 1. Gewerbe- oder Industriegebiete bzw. Vorranggebiete für Industrie und Gewerbe, 2. Bereiche außerhalb regionalplanerisch geschützter Gebiete, und 3. Flächen mit einer Vorbelastung) geschaffen.
Lassen Sie mich die Bedeutung des Kriterienkataloges in drei Punkten kennzeichnen:
1. Der Kriterienkatalog verdeutlicht die Wichtigkeit einer überörtlichen Abstimmung bei der Suche nach geeigneten Standorten für diese Anlagen!
Wichtig ist die Feststellung, dass „eine überörtliche Standortsuche regelmäßig (!) erforderlich“ ist. Dies bedeutet, dass ein geeigneter Standort für solche Anlagen in der gesamten Region gefunden werden soll bzw. kann. Eine lokale Begrenzung ist nicht zwingend! Übrigens entspricht dies auch dem Geist und den Möglichkeiten des offenen Energiemarktes und des EEG: Jede/r kann eine Anlage zur Nutzung Ern. Energien betreiben, der Standort muss sich dabei an den gültigen Regeln – auch des Regionalplanes der Region Stuttgart – orientieren.
Dabei gibt es in der Region grundsätzlich ein hohes Potenzial geeigneter Standorte. In Gewerbegebieten stehen 300, in Vorranggebieten 1.300 ha geeigneter Flächen zur Verfügung. Sicher kann – wegen der unterschiedlichen Anforderungen der unterschiedlichen BGA - nicht jeder Hektar dieser Flächen für BGA genutzt werden. Aber warum wissen wir nicht, wie viele Flächen für BGA sinnvollerweise tatsächlich zur Verfügung stehen? Zum Beispiel weil sie bereits über ein Wärmenetz verfügen?
2. Der Kriterienkatalog ist zwar sinnvoll, aber nicht hinreichend!
Der vorliegende „Kriterienkatalog“ kann dabei nur ein Schritt in die richtige Richtung sein. Er lenkt die Aufmerksamkeit möglicher Investoren frühzeitig auf die große Bedeutung des Freiraumschutzes und der koordinierenden Funktion des VRS in Sachen Standortidentifikation.
Gleichermaßen ist festzuhalten, dass wir gerade von BG-Anlagen diesen Typs mehr brauchen! BGA, die Rest- und Abfallstoffe nutzen, sind bevorzugt zu entwickeln!! Sie nutzen einen wichtigen Rohstoff, sie vermeiden Konkurrenz mit der Nahrungsmittelproduktion, sie arbeiten oft – besonders bei Einspeisung in das Gasnetz – besonders effektiv und klimaschonend! Die Reststoffnutzung in BGA ist besonders wichtig! Wir brauchen mehr davon! Also müssen wir auch geeignete Bedingungen schaffen, unter den diese Anlagen entstehen und arbeiten können. Und dies auch in der Region Stuttgart.
3. Der Kriterienkatalog muss durch eine aktive und strategische Förderung der Bioenergienutzung ergänzt werden.
Was wir wollen, ist die explizite Förderung von Biogasanlagen zur Reststoffnutzung. Wichtig ist hierzu die Anschlussmöglichkeit an bestehende Gas- bzw. Nah- und Fernwärmenetze.
· wir brauchen ein Kataster der bestehenden Netze (Wärme, Gas) in der Region!
· Wir brauchen klare Ziele für die Entwicklung dieser Anlagen in der Region!
· Wir brauchen mehr Informationen über die Potenziale an biogenen Reststoffen und Abfällen!
· Wir brauchen eine Strategie, wie diese Potenziale gehoben werden können!
All dies sind entscheidende Elemente einer aktiven Umsetzung der Energiewende. Der Kriterienkatalog sorgt hier für mehr Klarheit bei der Standortfindung. Er ist aber noch kein systematischer Ansatz zur regionsweiten Förderung nachhaltiger Biogaskonzepte. Hierzu sollten die BGA in das (im regionalen Energiekonzept benannte) „regionale Monitoringsystem“ einbezogen und der Ausbaubedarf der Energienetze auch für BGA identifiziert werden.
Wir haben verstanden, dass eine Angebotsplanung mit der Ausweisung konkreter Standorte für BGA wegen der Vielfältigkeit der Anlagen nicht möglich ist. Wir sind aber der Auffassung, dass BGA als wichtige Elemente der Energiewende – insbesondere bei der Standortfindung - pro-aktiver gefördert werden müssen. Dies kann durch die dargestellten flankierenden Elemente erfolgen.
Wir Grünen stimmen der Vorlage insgesamt zu. Insbesondere bei den Anlagen zur Nutzung von Rest- und Abfallstoffen gibt es aber noch ein großes, freies und nicht genutztes Potenzial. Dies müssen wir ausbauen und nutzen!
Schlussfolgerung:
→ zukünftig gibt es für Interessenten und Investoren eine klare Richtschnur für die Standort-findung von nicht-landwirtschaftlichen BGA. Der VRS steht für die überörtliche Koordination geeigneter Standorte zur Verfügung.
→ Zur Förderung der Bioenergie als wichtigem Standbein einer regenerativen Energieversorgung reicht der Kriterienkatalog nicht aus. Weiter Elemente müssen folgen, damit in der Region die verfügbaren Potenziale besser genutzt werden können.