Rede von Eva Mannhardt Regionalversammlung 25. April 2018

Tarifzonenreform im VVS

Sehr geehrte Frau Regionaldirektorin,
sehr geehrter Herr Vorsitzender,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Bohren dicker Bretter sind wir gewöhnt. Seit vielen Jahren haben wir, die Grüne Fraktion, regelmäßig in die Haushaltsberatungen Anträge eingebracht, wie die Tarifzonen in der Region Stuttgart angepasst und verbessert werden könnten. Nun endlich sehen wir das Ziel vor uns.

Meine Damen und Herren, lange stand die Frage im Raum: warum überhaupt eine Tarifzonenreform machen? Wer interessiert sich denn heute noch für Tarifzonen? Müssen wir unsere finanziellen Mittel nicht an anderer Stelle einsetzen?
Wir sind sehr froh, dass sich alle Partner im regionalen Öffentlichen Nahverkehr inzwischen einig sind, dass die Tarifzonenreform wichtig ist.

Wir Grünen möchten mit der Tarifreform drei Ziele erreichen:

1. Wir erleichtern das Fahren durch eine übersichtlichere Struktur
Nicht nur werden aus ca. 52 Zonen nun Ringe gleichzeitig dampfen wir die ehemals 7 Ringbereiche auf 6 Ringe ein. Das ist ein Wort. Kein Tarifdickicht mehr, kein Zonenwirrwarr – 6 Ringzonen. Eigentlich sind es sogar nur 5 Ringe plus - endlich- eine gemeinsame Zone für das Stuttgarter Stadtgebiet. Dies wird dafür sorgen, dass die Hürde vor dem Kauf eines Tickets an den Automaten für Umsteigerinnen und Umsteiger, Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer und auch für Touristinnen und Touristen fällt. Ticketkauf wird einfach und übersichtlich.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Satz zur FDP sagen, die plötzlich ihre radikale Seite entdeckt hat. Liebe KollegInnen von der FDP: wir denken, dass unsere Fahrgäste durchaus in der Lage sind, auf 6 zu zählen und nicht nur auf 3. Ihr Vorschlag bringt keine zusätzlichen Vorteile, im Gegenteil gäbe es bei nur 3 Zonen große ungerechte Preissprünge. Mit der Variante 2 plus (Stuttgart-eine Zone für alle) haben wir einen viel besseren und mehrheitsfähigen Vorschlag bereits auf dem Tisch liegen.
Zur übersichtlichen Struktur gehört übrigens auch die Einführung eines preisgünstigen Tagestickets in 3 Preisstufen. So wird der Umstieg noch einfacher.

2. Wir schaffen Kapazitäten indem wir die Tangentialen stärken: Die meisten Verbindungen in der Region Stuttgart sind in Richtung Zentrum ausgerichtet, deshalb haben wir hier die höchste Auslastung im ÖV und teilweise Kapazitätsengpässe. Mit dem Wegfall der Sektorengrenzen, der fester Bestandteil der vorgeschlagenen Reform ist, werden tangentiale Verbindungen günstiger (sie finden innerhalb derselben Zone statt). Dies ist ein deutlicher Anreiz, eine solche Verbindung zu wählen und stärkt damit die Auslastung der tangentialen S-Bahnen und der Busverkehre in der Fläche. Wir erhoffen uns damit eine Entlastung der S-Bahnen, die in Richtung Stuttgart Stammstrecke fahren.

3. Wir senken die Umweltbelastung, weil viele Menschen auf den ÖV umsteigen werden
Die Tarifreform ist eine einmalige Chance, insgesamt in der Region die Fahrgastzahlen zu steigern. Durch eine Senkung des Tarifs für alle, wird Fahren im ÖPNV noch attraktiver, so dass wir davon ausgehen, dass dies ein Anreiz für viele sein wird, das Auto stehen zu lassen und sich ein Ticket für den öffentlichen Verkehr zu kaufen. Damit senken wir die Umweltbelastung besonders auch im Zulauf nach Stuttgart. Der erfreuliche Nebeneffekt: so können die Feinstaub – und Stickoxidbelastungen gesenkt und im Besten Fall Fahrverbote verhindert werden. Wir meinen, das ist die Anstrengung wert.


Alle Relationen in Richtung Stuttgart werden in Zukunft eine Zone weniger kosten, da Stuttgart nur noch eine Zone ist. Die 60-er und 70-er Zonen werden zu einem einzigen Ring zusammengefasst, so dass für diejenigen, die von oder nach außen in der Region fahren, eine oder sogar mehrere weitere Zonen wegfallen. Da es nur noch Ringe gibt, werden sehr viele Relationen günstiger. Innerhalb der Landkreise z.B. zur Fahrt in die jeweilige Kreisstadt, werden die Tickets dadurch ebenfalls günstiger. Innerhalb Stuttgarts muss man gar nicht mehr aufpassen, da gibt es nur noch Tickets zu einem Preis - und zwar zum Preis von 1 Zone.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der Tarifzonenreform können wir einen großen Beitrag leisten, um den Öffentlichen Verkehr in der Region Stuttgart deutlich attraktiver zu machen. Wir werden die Umweltbelastung senken, weil mehr Menschen das Auto stehen lassen und in den günstigen ÖV umsteigen.

Alles das gibt es jedoch nicht umsonst. Wenn wir viel erreichen wollen, müssen wir auch viel Geld in die Hand nehmen. Knapp 40 Mio € wird die Tarifreform kosten – Jahr für Jahr.
Dazu kommt, dass wir von allen Beteiligten erwarten, dass die Anstrengung, zusätzlich auch weiter in den Ausbau des ÖPNV zu investieren, nicht nachlassen darf. Denn nur, wenn der ÖPNV weiter ausgebaut wird und mehr Kapazitäten geschaffen werden, kann auch die Tarifreform ihre volle Wirkung entfalten.

Der finanzielle Aufwand ist enorm, deshalb wäre es heute auch zu früh zu sagen ,dass die Reform schon in trockenen Tüchern sei. Fest steht, dass die Reform nicht über eine Tariferhöhung auf die Fahrgäste umgelegt wird. Deshalb muss jeder Landkreis, müssen die Stadt Stuttgart und die Region nun sehr sorgfältig prüfen, ob die öffentlichen Haushalte in der Lage sind, diese Mittel bereitzustellen. Auch die Verkehrsunternehmen insbesondere die S-Bahn Stuttgart, die sich ebenfalls beteiligen werden, müssen die Frage der Finanzierbarkeit noch klären.

Hier geht ein Appell auch an die Landesregierung, die einen Beitrag zur Finanzierung zugesagt hat. Wir sehen, dass die Landesregierung die Chance der Reform auch für sich erkennt. Gerade in der Region Stuttgart, in der die Umweltbelastung besonders hoch ist,  in der die Klagen der Umweltverbände anhängig sind und in der das Thema Fahrverbote im Raum steht, bietet sich die Möglichkeit mit einem großen Schritt viel zu erreichen. Deshalb zählen wir auf eine großzügige und hohe Beteiligung des Landes auch über einen längeren Zeitraum hinweg.

Jetzt ist Verhandlungsgeschick gefragt. Wir bedanken uns deshalb bei unserem Fraktionskollegen, dem Aufsichtsratsvorsitzenden des VVS, Herrn OB Kuhn, dass er diese heikle Aufgabe engagiert annimmt. Und wir wünschen uns und ihm, dass alle Beteiligten in der Region Stuttgart die Chancen erkennen und bereit sind, Kompromisse einzugehen und Mittel bereitzustellen.

Wenn wir alle an einem Strang - in die gleiche Richtung - ziehen, kann die Tarifreform gelingen, dann gewinnen nicht nur wir, dann haben die Fahrgäste in der Region Stuttgart gewonnen.

Dem Beschlussvorschlag stimmen wir in allen Punkten zu.