Rede von Eva Mannhardt Regionalversammlung 28.09.2016
Sehr geehrte Frau Dr. Schelling,
sehr geehrter Herr Bopp,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
die öffentlichen Verkehrsmittel in der Region Stuttgart sind so gefragt wie nie: Im letzten Jahr wurden 2,5 Prozent mehr Fahrten mit dem ÖPNV getätigt. Das heißt, dass inzwischen jeden Tag ca. 1 Mio. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchgeführt werden, davon mehr als 400.000 Fahrten mit der S-Bahn. Der Zuwachs findet vor allem im Berufsverkehr statt, hier hat das attraktive Jobticket einen zusätzlichen Anreiz geschaffen.
Über diese positive Entwicklung, die auch bundesweit einzigartig ist, freuen wir Grünen uns sehr. Allerdings muss man festhalten, dass in der Region insgesamt das Mobilitätsaufkommen gestiegen ist, so dass die Straßen nicht automatisch entsprechend entlastet werden. Im Gegenteil hat auch der Autoverkehr zugenommen: Das führt zu längeren Staus, zu erheblichen Feinstaubproblemen, zu großer Lärmbelastung und zu nervigen Parkplatzproblemen.
Aber auch für die Wirtschaft ist das Funktionieren der Mobilität ein wichtiger Standortfaktor. Der Transport von Gütern muss ebenso gewährleistet sein, wie die pünktliche Erreichbarkeit der Arbeitsplätze. Und nicht zuletzt soll auch das Wohnen und Leben in der Region attraktiv bleiben. Unser Ziel ist es deshalb, noch mehr Fahrgäste zum Umstieg auf den ÖPNV zu bewegen. Dieses Ziel liegt im Interesse aller Menschen, die in der Region zuhause sind oder hier arbeiten, es liegt im Interesse aller Kommunen, die vom attraktiven Umfeld profitieren und es liegt im Interesse der Unternehmen.
Das bedeutet, dass die Region insbesondere beim S-Bahn-Verkehr für weitere Verbesserungen und ein noch attraktiveres Angebot sorgen muss. Dies gilt nicht nur für Streckenausweitungen sondern es gilt auch insbesondere für den Fahrplan. Die Ausweitung des Viertelstundentakts und die Ausweitung des Nachtverkehrs sind zwei Maßnahmen, die das S-Bahn-Angebot in der Region Stuttgart deutlich verbessern.
Eine Metropolregion braucht auch wochentags ein Nachtverkehrsangebot. Wir Grünen unterstützen deshalb den Antrag der SPD-Fraktion auf eine Frühanbindung des Flughafens. Natürlich profitieren auch Fluggäste von den Zugverbindungen zwischen 3 und 4 Uhr nachts – aber eben nicht nur. Wir verstehen dieses neue Angebot als Einstieg in den Nachtverkehr zwischen Sonntagnacht und Donnerstagnacht und sind uns sicher, dass diese S-Bahnen genutzt werden. Wir halten es außerdem für sinnvoll, dieses Angebot bereits zur Fahrplanänderung 2018 umzusetzen und schlagen eine entsprechende Änderung im Beschlussvorschlag vor.
Die Grüne Fraktion unterstützt auch die schrittweise Einführung des Viertelstundentakts. Dafür gibt es gute Argumente:
* Die sich verändernden Arbeitssituationen führen dazu, dass auch außerhalb der klassischen Hauptverkehrszeiten immer mehr Berufstätige im ÖPNV unterwegs sind. Besonders Teilzeitbeschäftigte haben hier bislang Angebotsnachteile, die endlich beseitigt werden.
* In den Hauptverkehrszeiten sind wir am Rande unserer Kapazitäten. Um noch mehr Fahrgäste transportieren zu können müssen wir sie besser auf den Tag verteilen. Mit dem durchgehenden Viertelstundentakt wird es für die NutzerInnen attraktiv, auch außerhalb der überfüllten Hauptverkehrszeit zu fahren.
* Ein durchgehender Viertelstundentakt erleichtert die Merkbarkeit der Abfahrtszeiten enorm.
* Viele unattraktive Anschluss – und damit Wartezeiten entfallen so, auch ohne dass zusätzliche Busse in der Fläche eingesetzt werden.
In der Diskussion um die Ausweitung des Viertelstundentakts wurden auch Stimmen laut, die anmahnen, dass zuerst die S-Bahn pünktlicher werden müsste, bevor wir den Takt verbessern. Natürlich ist es richtig, dass der Verspätungseintrag aus den Hauptverkehrszeiten an manchen Tagen erst in den Schwachlastzeiten wieder abgebaut wird. Sprich, wenn es diese nicht mehr gibt, werden sich die Verspätungen weiter aufschaukeln. Das ist in der Tat möglich – wobei die Verspätung ja dann trotzdem höchstens eine Viertelstunde betragen kann. Aber sollen wir uns von diesen Szenarien leiten lassen? Sollen wir den Kopf in den Sand stecken und der Bahn zugestehen, dass wir uns mit den Verspätungen abgefunden haben? Nein, wir sind der Meinung, dass wir im Gegenteil unseren Teil dazu beitragen müssen, das Angebot attraktiver zu machen.
Und es steht natürlich fest: Wenn der Viertelstundentakt zum Erfolg werden soll, muss die S-Bahn wieder deutlich pünktlicher werden. Hier erwarten wir ganz klar Anstrengungen von Seiten der DB. Neben den schlechten Pünktlichkeitswerten ist auch die Anzahl ausgefallener oder abgestellter S-Bahnen viel zu hoch. Weichen- und Stellwerksstörungen im S-Bahnnetz müssen beseitigt werden. Bis der Viertelstundentakt im Jahr 2022 umgesetzt ist, hat die DB ausreichend Zeit, die Probleme zu lösen. Auch durch die Einführung von ETCS auf der Stammstrecke kann die DB zeigen, dass sie an einer Verbesserung interessiert ist und Maßnahmen ergreift, die Abhilfe schaffen. Beim nächsten S-Bahn-Gipfel wird die DB die Gelegenheit haben, Ihre Vorschläge zu unterbreiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren. Ein gut ausgebauter Nahverkehr kostet Geld. Und Verkehrsverbesserungen bei der S-Bahn kosten neues Geld. Insbesondere darüber ist heute zu sprechen. Für den durchgehenden Ausbau des Viertelstundentakts sind insgesamt ca. 20 Mio. € Finanzmittel notwendig. Allerdings unterstützt uns hier der Bund bzw. das Land: Der Anteil an Regionalisierungsmitteln für den VRS wird sich erhöhen, nachdem die Länder ein gutes Ergebnis bei den Verhandlungen erzielt haben. Wenn wir konservativ rechnen, können wir davon ausgehen, dass ca. die Hälfte der anfallenden Kosten über Regionalisierungsmittel gedeckt sind.
Ich will nicht sagen, dass 10 Mio. € Peanuts sind. Wir können nachvollziehen, dass die Stadt Stuttgart nicht jubelt über die zusätzlichen Umlagekosten. Immerhin leistet die Stadt mit dem inzwischen ausgebauten 10-min Takt bei den Stadtbahnen einen eigenen erheblichen Beitrag für den Nahverkehr. Mit einer Verschiebung der Entscheidung, wie sie die Freien Wähler fordern, wird allerdings kein Cent eingespart. Und dass Sie sich, liebe Kollegen der Freien Wähler, für die Belange der Landkreise einsetzen, ehrt sie. Aber zusätzliche Belastungen durch weitere Busbestellungen kommen auf die Kreise gar nicht zu. Im ÖPNV-Pakt ist nach wie vor nur die Abdienung des Halbstundentakts vereinbart. Dennoch ist es unsere gemeinsame Aufgabe, die im ÖPNV-Pakt getroffene Vereinbarung einzuhalten und bis zum Jahr 2025 20 Prozent mehr Fahrgäste zu transportieren. Jeder, der dazu einen Beitrag leistet ist sehr herzlich eingeladen. Gerne hören wir dazu auch Vorschläge von Seiten der Landkreise.
Wir werden also von der kontinuierlichen Verbesserung des S-Bahnangebots nicht abrücken. Mit dem dafür notwendigen Geld schaffen wir neue und dringend notwendige Kapazitäten, die wir dringend brauchen, um die weiter steigende Anzahl an Fahrgästen aufnehmen zu können. Für die Region Stuttgart gibt es keine Alternative als die Investition in den ÖPNV, wenn wir nicht im Verkehrsinfarkt enden wollen. Wir stimmen deshalb dem Beschlussvorschlag unter Berücksichtigung des vorgezogenen Frühverkehrsangebots zu.
Vielen Dank1