Rede von Eva Mannhardt zum Haushaltsentwurf 2013 Regionalversammlung 24.10.2012
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushaltsplanentwurf für 2013 liegt auf dem Tisch und –ich sage es gleich- er erscheint wenig richtungsweisend.
Sagen wir so: alle Aufgaben werden brav abgearbeitet. Aber für eine Region, die sich als Metropolregion positioniert und hier im Ballungsraum um und mit der Landeshauptstadt gewiss großen Herausforderungen gegenübersteht dürfte man doch etwas mehr erwarten.
Es gilt, der zunehmenden Verkehrsproblematik im Ballungsraum entgegen zu wirken. Die damit einhergehende Luftbelastung macht uns zur Feinstaubregion Nummer eins im Land.
Auf Umbrüche in der europäischen und globalen Wirtschaft müssen auch die Betriebe und Unternehmen in der Region reagieren. Und nicht zuletzt führen der demografische Wandel und veränderte Beschäftigungsstrukturen dazu, dass wir besonders hier im Ballungsraum Themen wie Teilhabe, Solidarität, Integration und soziales Gleichgewicht im Blick behalten und aktiv fördern müssen.
Über allem steht die globale Herausforderung, die Klimaschutzziele zu erreichen, damit wir überhaupt eine Zukunft auf diesem Planeten haben.
Wir Grünen sehen deshalb für die Regionalversammlung und den Verband Region Stuttgart nur zwei Möglichkeiten: entweder der VRS agiert als Impulsgeber und bringt die Entwicklung maßgeblich voran oder er wird mit der Zeit entbehrlich werden und langfristig nur noch als Kassenwart für durchlaufende Finanzmittel gebraucht.
Im Blick auf den vorgelegten Haushaltsplanentwurf würden wir Grünen uns deshalb deutlich mehr Mut und Perspektive für die anstehenden Aufgaben wünschen.
Eine unserer Hauptaufgaben ist der öffentliche Nahverkehr in der Region, die S-Bahn. Hier arbeitet die Region kontinuierlich am weiteren Ausbau des Netzes. Zwar sind im Haushaltsplan für 2013 Planungsraten für die S-Bahn in Richtung Vaihingen/Enz und Göppingen veranschlagt, und auch die S-Bahnverlängerung nach Neuhausen ist für uns alle eine ganz wichtige Maßnahme. Aber im Verkehrsausschuss war man darüber hinaus einig, dass eine Weiterführung nach Wendlingen und der Ringschluss von den Fildern ins Neckartal das eigentliche Ziel sei. Leider findet sich im Haushaltsplan dazu kein Wort, der Ringschluss wird nicht einmal erwähnt. Die Grüne Fraktion möchte, dass angesichts der auslaufenden GVFG-Mittel von Anfang an dieser Ringschluss mit eingeplant wird, andernfalls würde ein entscheidender Baustein in unserem S-Bahnnetz fehlen.
Zur Weiterentwicklung des ÖPNV in der Region muss aber auch das Angebot immer weiter verbessert werden. Gerade wenn die Region jetzt die Nacht S-Bahn am Wochenende einführt, darf es ein kompliziertes Nachtangebot in der Fläche, bei dem in vielen Landkreisen nur Ruftaxis unterwegs sind, nicht geben. Wir brauchen auch in der Nacht einen regionalen Verkehr aus einem Guss und ohne Zusatzkosten für den Nutzer. Auch Nachts muss für den Fahrgast der Kauf eines VVS-Tickets ausreichen, um nach Hause zu kommen. Die betreffenden Landkreise sind in der Pflicht, Lösungen anzubieten, die dem Anspruch und der Qualität eines gemeinsamen Verbundraums in der Metropolregion gerecht werden. Auch nachts wollen wir nicht ins ÖPNV-Mittelalter zurückfallen, indem an jeder Kreisgrenze extra kassiert wird.
Und nur ganz nebenbei: mit einer einheitlichen Aufgabenträgerschaft der Region für den gesamten ÖPNV würde es einen solchen Rückfall nicht geben.
Der Verband Region Stuttgart muss sich aus unserer Sicht darüber hinaus kontinuierlich für eine weitere Vereinfachung Tarifstruktur einsetzen. Zum Beispiel muss die Querzonierung nach und nach aufgegeben werden. Auch hierüber bestand Einigkeit im Verkehrsausschuss. Wir haben deshalb konkrete erste Schritte beantragt.
Über die Nutzung des ÖPNV hinaus geht unser regionales Förderprogramm Nachhaltige Mobilität. Mit diesem Förderprogramm haben wir ein Instrument in der Hand, das innovative Ideen bekannt machen kann und mit dem wir Anreize schaffen, interessante Konzepte zur Verkehrsvermeidung zu entwickeln. Gerade in diesem Zusammenhang fehlt uns aber immer noch eine klare Vorgabe, dass Nachhaltige Mobilität mehr ist, als nur der Umstieg auf Elektromobilität. Nachhaltige Mobilität ist kein Selbstzweck und kein Förderprogramm für die Flottenentwicklung von Automobilunternehmen. Wir wollen, dass die Region Stuttgart an der Spitze der Entwicklung von Mobilitätskonzepten steht, die den Anforderungen der Zukunft gerecht werden. So können wir einen wesentlichen Beitrag leisten zur Lösung unserer Verkehrsprobleme, zum Klimaschutz und zum Gesundheitsschutz und nicht zuletzt zur Standortsicherung von Unternehmen.
Vorreiter als Planungsregion müssen wir darüber hinaus auch im Bereich Klimaschutz und erneuerbare Energien werden. Beim Planänderungsverfahren zur Ausweisung von Vorranggebieten für Windkraft liegt es in der Verantwortung der Region, dass am Ende möglichst gute, windhöffige Standorte festgesetzt werden. Notwendig ist in Zukunft aber nicht nur, dass Vorranggebiete für Windkraft ausgewiesen werden. Wir Grünen wollen auch eine bessere Gebietsabgrenzung für Biogasanlagen erreichen. Zu diesem Zweck muss der Verband eine Positivausweisung von möglichen Gebieten weiter voran bringen.
Besonders wichtig ist, dass sich die Region endlich klare Klimaschutzziele gibt. Die Erarbeitung einer entsprechenden Klimaschutzstrategie ist wichtige Voraussetzung um in der nächsten Förderperiode an den Strukturfonds-Mitteln der EU (EFRE) partizipieren zu können. Von Seiten der EU wird dafür die „Einführung eines Leistungsrahmens“ sowie die „Messung der Fortschritte“ gefordert. Gerade im Hinblick auf konkrete Klimaschutzziele hat sich die Verwaltung und die konservative Mehrheit im Gremium bislang weggeduckt. Das wird nun zum Glück nicht mehr möglich sein, sonst fehlt uns das Geld in der Kasse. Aber es geht nicht nur ums Geld: Gerade als innovative Metropolregion haben wir einen besonderen Anspruch an den Klimaschutz. Wollen wir uns etwa abhängen lassen und anderen Regionen das Feld überlassen? Nur wer Ziele formuliert, weiß, was er erreichen will. Und nur anhand von gesetzten Zielen lassen sich Maßnahmen entwickeln und kann der Stand der Umsetzung geprüft werden.
Klare Zielvorgaben geben außerdem Planungssicherheit und erleichtern es damit auch unseren Unternehmern zielsicher zu investieren.
Der Wirtschaftsförderung kommt unserer Ansicht nach eine Schlüsselrolle zu wie die Region in Zukunft aufgestellt sein wird. Die Region Stuttgart muss sich als Impuls – und Ideengeber aufstellen und für eine gute Vernetzung der relevanten Akteure sorgen.
Die Bedingungen in der Region verändern sich rasant auch was das soziale Zusammenleben betrifft. Deshalb ist es wichtig, nicht nur auf die Entwicklung der Wirtschaft zu schauen, sondern vor allem auf die Menschen, die in unserer Region leben. Wir beantragen deshalb die Erstellung eines Sozialberichts, um diese Entwicklung beurteilen und Maßnahmen ableiten zu können.
Ganz zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass bereits für das nächste Jahr nicht genügend Mittel für Stuttgart 21 in der Rücklage zur Verfügung stehen werden, so dass ein Kassenkredit aufgenommen wird. Das Geld kommt zwar über die Verkehrsumlage der Region bis Ende des Jahres wieder in die Kasse, spätestens nächstes Jahr stellt sich aber dann doch die Frage, ob für Stuttgart 21 die Umlage erhöht werden muss oder ob neue Kredite dafür aufgenommen werden sollen.
Seit dem Baubeginn haben wir aufgrund von Planungsmängeln und dadurch verursachten Störungen massive Schwierigkeiten beim Fahrplan für die S-Bahn und für die Pendler, die mit den Regionalzügen nach Stuttgart kommen. Wenn es so weiter geht, treiben wir die Menschen regelrecht auf die Straße zurück. Das können wir auf keinen Fall so weiterhin zu lassen und es ist höchste Zeit, dass der Verband hier einmal deutliche Worte spricht.
Wir Grünen fordern die Verbandsverwaltung auf, eine Aussetzung der Stuttgart 21 Rate für 2014 in den Raum zu stellen, bis die Probleme bei der Baustelle gelöst sind. Da sich die Fertigstellung aufgrund sämtlicher inzwischen angefallener Planungspannen realistischer Weise um mehrere Jahre verzögern wird, ist nicht ersichtlich, warum die Zahlungen der Region unverändert fortgesetzt werden sollen.
Und noch etwas möchte ich anmerken: In den letzten Jahren wurden aus der Rücklage sogar noch Umlagesenkungen finanziert. Es sollte wohl der Eindruck entstehen, dass Stuttgart 21 kommt und trotz unserer Beteiligung mit 100 Mio € alles billiger wird für die Städte und Gemeinden. Ein fatales Signal, denn in den nächsten Jahren werden alle diese zusätzlichen Lasten tragen müssen. Eine schmerzhafte Wahrheit, die es auch zu benennen gilt.
Wir Grünen werden uns dennoch mit Nachdruck dafür einsetzen, dass der Nahverkehr trotz Stuttgart 21 weiter vorangebracht wird, damit unsere Städte und Gemeinden in der Region auch in Zukunft attraktive Lebensorte mit einer optimalen Infrastruktur sind.