Rede von Ingrid Grischtschenko zum Haushaltsentwurf 2015 Regionalversammlung 05.10.2014
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
für das kommende Haushaltsjahr 2015 wollen wir Grünen,
- dass der Verband zu seiner S-Bahn steht,
- dass er sie weiter entwickelt,
- dass er sie verbindet mit Bussen und anderen Bahnen und
- dass der ÖPNV-Pakt von Seiten der Region überzeugend umsetzen wird.
Finanzierung des Öffentlichen Nahverkehrs führen im regionalen Haushalt gleich nächstes Jahr zu einer deutlichen Senkung der Verkehrsumlage. Diesen Merkposten müssen wir bitte alle speichern. Dann kann es in den Folgejahren unaufgeregt zu Erhöhungen kommen, denn mehr ÖPNV wird es nicht für weniger Geld geben.
Wir Grünen gehen mit, die ersten Schritte zur Einführung von Expressbus-Linien zunächst aus der Rücklage zu nehmen (Betonung auf zunächst), wollen aber zeitgleich möglichst breit mit einem regionalen Expressbussystem starten. Wir wollen den Schwung aus dem ÖPNV-Pakt mitnehmen und möglichst viele Linien in die erste Ausschreibung hineinnehmen. Wir haben dazu einen Antrag gestellt von drei auf fünf Linien zu gehen und sie gleich auch zu vertakten.
Wir wollen auf eine gute regionale Abdeckung achten, so dass der VRS mit seinen Expressbussen für die Menschen in der gesamten Region sicht- und erlebbar wird. Gleichzeitig muss von Anfang an darauf geachtet werden, dass die Linien schnell und pünktlich sind, damit sie tatsächlich als S-Bahn-Ersatz angenommen werden.
Die allgemeine Unzufriedenheit über die S-Bahn rührt hauptsächlich daher, dass aufgrund der Verspätung Anschlüsse verpasst werden. Nach dem ersten und zweiten Gipfel wollen wir die bereits stattgefundenen Maßnahmen und ihre Wirkung geschildert bekommen. Wir sollten dranbleiben, die Öffentlichkeit regelmäßig über die gemeinsamen Anstrengungen zu unterrichten, dazu kann das Monitoring mittels eines weiteren S-Bahn-Gipfels beitragen.
Wir wollen beobachten ob und wie die im ÖPNV-Pakt genannten Maßnahmen der Landkreise und der Landeshauptstadt zur Verbesserung des S-Bahn-Zubringer-Verkehrs angegangen und umgesetzt werden. Die Nahverkehrspläne tun manchmal noch so, als ob das nicht besonders wichtig wäre. Es ist aber wichtig, weil es genau auf den Anschluss ankommt – bei Tag und bei Nacht.
Niemand will den ÖPNV-Verbund schlechtreden, aber es sollte ihn auch niemand schöner reden als er ist! Mängel müssen benannt werden, damit sie beseitigt werden können.
Der Haushaltsentwurf beziffert fast 17 Mio. Euro, die Anfang des Jahres an die DB überwiesen wurden. Es ging um erhöhte Infrastrukturkosten, die die Verwaltung senken konnte und um den teilweisen Ausgleich durch Regionalisierungsmittel des Landes. Der Dank geht an die Verwaltung der Region, die drangeblieben ist, Dank auch ans Land, dass diese Baustelle jetzt eingeebnet ist. Auch die Vorfinanzierungen, mit denen die Region in Vorleistung für den S-Bahn-Ausbau gegangen war, sind jetzt auch ausgeglichen.
Wir Grünen gehen davon aus, dass sich in Zukunft bei den Trassen-und Stationspreisen weitere Löcher auftun werden. Mit der Annahme sind wir nicht alleine und deshalb ist es notwendig bei gegenwärtigen Entscheidungen zukünftige Entwicklungen einzubeziehen, damit wir nicht überrascht sind, wenn der Betrieb auch noch etwas kostet:
Wenn die Region im Jahr 2018 die letzte Finanzierungsrate für S21 beglichen haben wird, ist noch nicht klar, was sie dafür kriegt. Die ganzen Zahlen zu S21 sind Investzahlen. Da ist noch kein Zug gefahren. Da haben wir nur Bahnhöfe versenkt und Tunnel gebaut. Die Trassen- und Stationspreise, die die DB in Rechnung stellt für jeden Kilometer auf dem Gleis und für jede Ein-und Ausfahrt im Bahnhof, die steigen aber kontinuierlich, wie bei der Miete die Nebenkosten.
Das wird uns in Zukunft immer begleiten. Und dass wir Rücklagen für die Raten verwenden, beruhigt auch nicht, der Löwenanteil kommt aus der Verkehrsumlage. Die Rücklagen, das möchte ich in Erinnerung rufen, wurden ja extra dafür gebildet. Es ist also nicht besonders innovativ, sie dafür zu verwenden. Innovativer war es, dass wir eine Zeitlang die S-Bahn damit finanzierten, als das Projekt bei der DB innerbetrieblich schwergängig war.
Wir müssen gucken, dass unsere S-Bahn funktioniert und dass wir sie finanziert bekommen. Wir müssen den Nahverkehr voranbringen, wir müssen uns Handlungsoptionen für den S-Bahn-Verkehr von morgen überlegen. Und wir sollten uns alle nicht daran beteiligen, die nächsten Störungen zu produzieren.
Die veranschlagten Verkehrsverbesserungen unterstützen wir und wollen sie komplettiert wissen durch einen Antrag auf barrierefreien Zugang auf den Bahnsteigen: Durch eine abschnittsweise Erhöhung der Bahnsteigkante auf S-Bahn-Niveau bei Bahnsteigen mit weniger als 96 cm können zumindest punktuell barrierefreie Einstiege ermöglicht werden, ohne den gesamten Bahnsteig für andere Zugarten zu sperren.
Ein weiterer Antrag geht in die Verästelungen des VVS-Tarifs: Mit dem zeitweisen Aussetzen des Jahresabos während der Elternzeit, könnten die NutzerInnen im Abosystem gehalten werden.
Auch für die Nutzung von P&R-Plätzen schlagen wir vor, ein regionsweites, räumlich differenziertes und solidarisch finanziertes Tarifsystem zu entwickeln. Der Konkurrenz zwischen ÖPNV und Individualverkehr soll dadurch vorgebeugt werden.
Beim Studi-Ticket bitten wir unsere Verwaltung sich dafür einzusetzen, dass der Solidarbeitrag (derzeit 43,25 Euro) nicht weiter steigt. Er sollte den Semesterbeitrag des Studierendenwerks (derzeit 37,20 Euro) nicht übersteigen.
Dass Verbesserungen nicht nur mehr Geld kosten, sondern ebenso Fachpersonal zur Umsetzung braucht (Verkehrsmanagement) ist für uns eine logische Konsequenz.
Wir unterstützen das neue Förderprogramm, das interkommunale Projekte aus dem Bereich Wirtschaft und Tourismus mit 350 Tausend Euro bezuschussen will, gerade weil die Zusammenarbeit der Kommunen angesichts des demografischen Wandels immer notwendiger wird. Die interkommunale Kooperation im Bereich der Gewerbegebiete sehen, wir eher skeptisch, einfach weil in der Vergangenheit vor Ort in den Kommunen die flächensparende Wirkung nicht eingetreten ist. Eine Revitalisierung von Gewerbebrachen sehen wir als sinnvoller an. An der Ausschreibung und an den Kriterien des Förderprogramms muss noch gearbeitet werden.
Interkommunale Kooperationen im kulturellen Bereich stellen wir uns nach dem erfolgreichen „Garten Eden“ der KulturRegion vermehrt vor – auch um noch mehr Kommunen eine Beteiligungsmöglichkeit zu eröffnen. Unser Antrag möchte die kulturelle Zusammenarbeit der Kommunen untereinander verstetigen. Zusammen mit der Geschäftsführerin der KulturRegion wird es ein Leichtes sein, ein Förderprogramm zu konzipieren.
Für die Wirtschaftsförderung beantragen wir zusätzliche Mittel und eine Personalstelle, die Flüchtlinge und Unternehmen zusammenbringt - über das Willkommenheißen hinaus. Bei der Anerkennung von Abschlüssen, bei Integrationskursen kann die WRS behilflich sein.
Dies würde die Kommunen entlasten, der Wirtschaft zu gesuchten Fachkräften verhelfen und den Flüchtlingen ermöglichen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten.
Um die soziale Situation in der Region differenziert wahrzunehmen, beantragen wir die Einsetzung eines jährlichen Runden Tisches. An ihm sollen die Verbandsverwaltung, Vertretungen der Fraktionen und Sozialämter der Landkreise und andere im Sozialbereich Tätige Platz nehmen, um Informationen auszutauschen, Daten zu aktualisieren und Aufgaben verteilen und erledigen. Wir meinen weiter, dass die Fortschreibung des Sozialberichtes, der sich daraus ergeben könnte, der Region Stuttgart guttäte.
Fazit:
Alle Akteure in der Region werden in den nächsten fünf Jahren an ihren Erfolgen bei der Verkehrswende gemessen.
Mit dem Arbeitsprogramm des ÖPNV-Pakts haben sich alle Partner auf eine gemeinsame Anstrengung zur Verbesserung der Zuverlässigkeit und Anschlusssicherheit des bestehenden ÖPNV-Systems in der Region Stuttgart verpflichtet. Von allen Partnern sollen zusätzliche Verkehre initiiert werden. Sowohl für nächstes Jahr, als auch in der mittelfristigen Finanzplanung ist der Verband Region Stuttgart dafür gerüstet. Verkehrsverbesserungen im ÖPNV-Bereich sind kein Selbstzweck, sondern Teil eines klimaschonenden Mobilitätssystem. Es geht auch darum Belastungen durch die Autos zu senken und größtenteils mit dem bestehenden, in Stand gehaltenen Straßennetz auskommen.
Zum Schluss geht unser Dank an die Fahrgäste, die trotz widriger Umstände durch höhere Fahrgeldeinnahmen beim VRS dafür sorgten, dass das vergangene Jahr 2013 mit einem Überschuss von 1,5 Mio. schloss – entgegen dem geplanten Fehlbetrag von 3,6 Mio. Es sollte uns Verpflichtung sein, so schnell wie möglich die Zufriedenheit der KundInnen wieder herzustellen.
Danke.