Rede von Irmela Neipp-Gereke Regionalversammlung 20.07.2011
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Frau Direktorin, verehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums "Europaengagement der Region Stuttgart" gilt es zunächst das bisher Erreichte zu würdigen - Dank, Respekt und Anerkennung auszusprechen gegenüber allen maßgeblich Mitwirkenden vom Europabüro der Region über die EuropakoordinatorInnen und der Europabeauftragten bis hin zum Engagement der Regionaldirektorin, Frau Wopperer, als METREX-Vizepräsidentin.
In diesem Kontext besonders zu erwähnen ist der Einsatz des früheren Regionaldirektors, Dr. Bernd Steinacher, der maßgeblich zur öffentlichen Wahrnehmung der Region Stuttgart als leistungsstarken Wirtschafts- und Innovationsstandort Europas beigetragen hat.
Als wichtigstes Instrument erfolgreicher Europaarbeit der Region nimmt das Europabüro in Brüssel eine Schlüsselrolle ein. An dieser Stelle möchten wir auch unseren großen Dank gegenüber Frau Schreiber aussprechen, die das Europabüro seit 2005 engagiert und kompetent leitet!
Dabei war es hilfreich und wirksam, dass seitens des Europabüros ein Informations-management-System eingeführt wurde, das den Akteuren in der Region rasch die entsprechenden aktuellen Informationen zukommen lässt. Vor allem konnten und können von Verband und Wirtschaftsförderung in enger Kooperation mit dem Europabüro Fördergelder der Europäischen Union aquiriert werden für innovative Projektideen. Oftmals und erfreulicherweise sind solche Fördergelder eine Anschubfinanzierung für dann etablierte, sich selbst tragende Projekte und Einrichtungen wie das etwa bei BioRegio-STERN gelungen ist.
Dabei kommt der Region nach wie vor besondere Bedeutung zu als Vermittler und Bindeglied zwischen Europa und den Kommunen. In diesem Sinne bewährt hat sich das Netzwerk der europaaktiven Kommunen und Landkreise in der Region Stuttgart - von dem gerade auch Kommunen mit weniger Europakompetenz profitieren können.
Zur Bilanz der Europaarbeit der Region Stuttgart gehört auch der Blick nach vorn in Bezug auf Ziele wie Klimaschutz, Nachhaltigkeit, intelligente Mobilität und einer kulturellen regionalen Identität.
Weil 70 % des europäischen Energieverbrauchs in den Städten stattfindet, hat der EU- Energiekommissar Günter Oettinger mit dem Programm: "energieeffiziente Städte für morgen" neue Energieeffizienz-Richtlinien vorgeschlagen, die wir als Maßnahmenpaket grundsätzlich begrüßen. Allerdings teilen wir die Kritik unserer KollegInnen der Grünen Fraktion im EU-Parlament, dass die Einsparziele nicht verbindlich sind, weil die Maßnahmen zunächst nur auf freiwilliger Basis stattfinden. Schließlich soll ja damit das EU-Ziel einer 20 % Energieeinsparung bis 2020 umgesetzt werden.
Zurecht treibt Europa den Klima- und Umweltschutz voran und wird diesen auch in Zukunft weiter antreiben. Um zukunftsfähig zu bleiben, muss die Region diesen Weg mitgehen und mitgestalten.
Dass der Verband dem Convenant of Mayors als erste Region in Deutschland beigetreten ist, war ein positiver erster Schritt. Das zeigt, wie wichtig für uns Impulse aus Europa sind! Konkret werden müssen diese Anregungen dann in der Region. Das Umsetzen und das Handeln liegen in regionaler Hand.
Wir brauchen ein integriertes, regionales Energiekonzept vor Ort!
Wir müssen Wege aufzeigen, wie das Milleniumsziel einer max. CO2-Emission von 2 t pro Einwohner und Jahr zeitnah erreicht werden kann. Derzeit haben wir in der Region einen alarmierenden Spitzenwert von 16 t pro Einwohner - im Vergleich zu Deutschland weiten 11 t pro Einwohner.
Aus dem Potpourri verschiedener Einzelaktionen muss in Zusammenarbeit mit den Kommunen und Unternehmen in der Region ein strategischer Ansatz entwickelt und umgesetzt werden für eine CO2-arme, nachhaltige Wirtschaft.
Dies beinhaltet auch eine intelligente nachhaltige Mobilität, die motorisierten Verkehr vermeidet - z.B. durch die bessere Nutzung von Car-Sharing als auch Mitfahrgelegen-heiten und besseren Bedingungen für den Fahrradverkehr. Insbesondere die Steigerung des Modal-Split von bisher 17 % auf mindestens 25 % bis 2020 zugunsten von ÖPNV, Fahrrad und Fußgänger sowie die Umstellung von S-Bahn und Elektrofahrzeugen auf klimaneutralen Betrieb, die sie zu 100 % aus erneuerbaren Energien versorgen.
Das ließe sich beispielsweise ausgezeichnet verknüpfen mit dem neuesten EU-Förderprojekt in der Region, das Ende diesen Jahres startet: "Elmo`s - Electromobility for Cities and Regions" mit dem die Einführung von Elektromobilität in Städten und Regionen beschleunigt werden soll.
Auch hier gilt: Aus Europa kommen Impulse und auch finanzielle Unterstützung - Handeln müssen wir auf regionaler Ebene.
Ein ambitionierter Klimaschutz hin zur "klimaneutralen Region" verlangt auch die strikte Einhaltung des Regionalplans in Bezug auf den Flächenverbrauch, die Innenentwicklung vor Außenentwicklung und die Freihaltung von Grünzonen mit dem Ziel der Netto-0 beim Flächenverbrauch.
Mit dem historischen Atom-Ausstieg und Absage an diese hochgefährliche Technologie kann Deutschland zum Modell in Europa werden, aber verpflichtet uns auch im Umkehrschluss auf allen politischen Ebenen zur Beförderung erneuerbarer Energien, um der Versorgungssicherheit Rechnung zu tragen.
Hier kommt auch der Region Stuttgart eine große Verantwortung zu hinsichtlich der Sicherung von Standorten zur Versorgung mit erneuerbaren Energien - wie etwa bei Windkraft-, Biogas- und Photovoltaikanlagen.
Selbstverständlich müssen stets Einwände seitens des Naturschutzes und AnwohnerInnen sorgfältig geprüft werden. Aber die politische Abwägung muss zunehmend unter dieser Prämisse und Verantwortung erfolgen. Als ein erst jüngst in politischem Sinne positiv verlaufenden Verfahren sei hier die Windkraftanlage in Ingersheim genannt.
Der wichtigste Aspekt bei der Energiewende sind jedoch die Menschen selbst - ihre Bereitschaft zu einem neuen Mobilitätsverhalten und einem bewussteren Umgang mit Energie ganz generell. Wir müssen sie mitnehmen und es muss uns gelingen, sie für die Ziele des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit zu gewinnen und zu begeistern!
Wir haben in der Region viele gute Veranstaltungen - wie erst kürzlich in der Liederhalle die Veranstaltung: "Mobilität von morgen - die Zukunft des Verkehrs in der Region Stuttgart". Bei denen jedoch die Experten und politischen Fachreferenten unter sich bleiben. Was dann in der Quintessenz über die Medien die Öffentlichkeit erreicht, ist marginal oder besser gesagt: einfach zu wenig!
Wir brauchen neue Formen der Bürgerbeteiligung - gerade Stuttgarts Region ist in anderem Kontext ein gutes Beispiel dafür in welch hohem Maß die Bürgerinnen und Bürger bereit sind, sich mit eigenen Ideen, ihrer Zeit und Energie einzubringen - ja geradezu sich selbst respektables Fachwissen aneignen, wenn sie sich mit den Zielen identifizieren und ihr Engagement gefragt ist.
Zum Europabezug des Verbandes Region Stuttgart gehört mit Sicherheit nicht zuletzt auch die Kultur.
Mit einer Bevölkerungsstruktur aus über 170 Ländern ist Stuttgarts Region bereits international aufgestellt und hat in seiner Vielfalt die bisherigen Kulturprojekte nachhaltig geprägt - wie erst kürzlich bei dem fotografischen Projekt zum Thema Heimat: "..... und grüßen Sie mir die Welt", wunderbar deutlich wurde. Unabhängig von solchen kulturellen regionalen Highlights wie etwa auch dem "Festival Zukunftsmusik" haben der Verband und der Verein KulturRegion beschlossen, die Konzeption der KulturRegion Stuttgart auf neue Beine zu stellen.
Über alle Fraktionen des Verbandes hinweg besteht große Einigkeit darüber, dass die Identifikation der Menschen mit der Region Stuttgart als lebendigem und attraktivem Lebensraum zu unterstützen und zu befördern ist.
Nicht zufällig fiel die Wahl für die Leitung dieses Strategieprozesses auf den renommierten Kulturexperten Prof. Oliver Scheytt, der die Bewerbung Essens für das Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt Europas 2010 erfolgreich gesteuert und begleitet hat - bekannt als Kultur-Event: "Ruhr-2010".
Eine Bewerbung der Region Stuttgart zur Kulturhauptstadt Europas, könnte die bisherigen Ambitionen der Kommunen in der Region für eine Stärkung der kulturellen Angebote und Vernetzung inspirieren und diesen Strategieprozess befruchten und befördern.
Mit der Bewerbung besteht die große und geradezu einzigartige Chance einer gemeinsamen Vision aller kulturellen Akteure in Stadt und Region - einem alle miteinander verbindenden gemeinsamen Ziel. Ein Ziel, das allen Orts Aufbruch-stimmung auslösen und nach Artparade und Kulturkongress weiterer Impulsgeber sein könnte für eine kulturelle Identität, die auch die Menschen in der Region mitnimmt.
Und könnte darüber hinaus einen Motivationsschub bedeuten für eine breite, von Begeisterung getragene, aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Stadt und Region!