Rede zum Haushaltsentwurf 2019

Auf die Zukunftsfragen - wie wollen wir zukünftig Leben, Wohnen und Arbeiten - muss auch die Region eine Antwort geben.


- Es gilt das gesprochene Wort -


Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrte Frau Dr. Schelling,
meine Damen und Herren,

die Region Stuttgart steht vor großen Herausforderungen!
Die Bundesrepublik aber auch die Region wird die Klimaziele für 2020 in Höhe von 40% Emissionsminderungen weit verfehlen. Und um die Ziele nach dem Pariser Abkommen für 2030 bzw. 2050 (55% bzw. Treibhausgasneutralität) zu erreichen müssen wir unseren Lebensstil und unsere Wirtschaftsweise in Frage stellen. Ein Einfaches "Weiter so", nur etwas weniger Emission ist kaum möglich. Und das Zeitfenster für den Wandel wird dabei immer kleiner und die Fallhöhe immer größer.

Auf die Zukunftsfragen - wie wollen wir zukünftig Leben, Wohnen und Arbeiten - muss auch die Region eine Antwort geben:
•    Wie gehen wir mit den vorhandenen Flächen um?
•    Wie können unseren Energiebedarf nachhaltig stillen?
•    Wie die Mobilität der Zukunft aus?

In den vergangen Jahren haben wir mit unseren Anträgen den Kurs des Verbandes wesentlich (mit-)bestimmt: Nachhaltige Mobilität, flächensparende Siedlungsentwicklung, Breitbandausbau und Digitalisierung der Wirtschaft. Mit dem kommenden Haushalt kommt es daher für uns darauf an den diesen Kurs zu halten, besser noch zusätzliche Segel zu setzen...

Im aktuellen Regionalplan sind aktuell noch ca. 2.000 ha als Flächenreserven und Flächenpotentiale für den Wohnungsbau vorgesehen. Hier stehen die Kommunen in der Pflicht bei der Umsetzung. In der Tat sind auch leichte Zuwächse beim Wohnungsbau insbesondere in Stuttgart zu verzeichnen. Es fehlen allerdings die Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment, die angesichts der Grundstückpreise nur durch kompakte und verdichtete Bauweise zu erreichen sind. Solange in Baden -Württemberg und der Region das Einfamilienhaus mit Garten das Ideal der Bautätigkeit ist – besonders ausgeprägt im ländlichen Raum – wird sich die Wohnfläche weiter erhöhen und es ist keine wirkliche Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu erreichen. Und die Ausweitung des sog. Baukindergeldes und die Modernisierungsumlage durch den Bund sind hier keine Hilfe sondern Teil des Problems.

Auch Gewerbeflächen sind im Regionalplan noch vorhanden. Die Ausweisung zusätzlicher Flächen - doppelten Flächenbedarf im Automobilbau - sehen wir nicht; was wir aber sehen sind frei Reserven durch ebenerdige Stellplätze! Was wir hier auch sehen ist die fehlende Umsetzung! Und auch hier sind die Kommunen gefragt!

Wir anerkennen die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Flächen - insbesondere bei der Entwicklung von Brachen und der Nachverdichtung. Wir sind auch bereit, hierzu zusätzliche Gelder zur Verfügung zu stellen, um modellhaft Projektentwicklungen zu fördern. Unser Antrag zum flächensparenden Gewerbebau ist dazu ein notwendiger Baustein. Eine "pauschale" Vergabe von drei Mio. Euro für Planung oder Erschließung von gewerblichen Neubaugebieten sehen wir kritisch.

Im Bereich der der Wirtschaftsförderung haben wir in den letzten Jahren einige kostenwirksame Anträge gestellt: Digitalisierung, E-Mobilität, Breitbandausbau, …
Die Ergebnisse gilt es nun abzuwarten...

Kurs halten: Industrie und die Energiewirtschaft werden voraussichtlich das Klimaziel erreichen; auch durch den Ausbau der regenerativen Energien (WRS). Mit der Ausweisung der Vorranggebiete für die Windkraft und dem Solaratlas hat der Verband bzw. die Wirtschaftsförderung aufgrund Grüner Anträge versucht seinen Beitrag zu leisten.

Im Klimaschutz liegen damit die größten Versäumnisse beim Verkehr und hier stehen wir von dem größten Strukturwandel seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Probleme mit der Luftqualität und entsprechende Fahrverbote sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Man kann versuchen, die Überschreitungen zu ignorieren oder per Gesetz die Nicht-Einhaltung einfach verbieten!

Der Bau bzw. nachträgliche Einbau von schadstoffreduzierender Hardware und die kontinuierliche, planbare Weiterentwicklung der Umweltzonen wäre der bessere Weg für die Menschen und die Industrie. Damit stünde man an der Spitze der Innovation und hätte auch noch zukünftig entsprechende Absatzmärkte. Denn auch andere Länder erlassen verpflichtende Vorgaben, z.B.
•    China verlangt ab 2019 Mindest“quoten“ von alternativen Antrieben (Punktewertung)
•    Norwegen verbietet den Verkauf von Verbrennungsmotoren ab 2025
•    Indien folgt 2030 und Kalifornien ab 2040
[Und in der EU gilt ab 2021 ein Flottenverbrauch von 95 g CO2/km (nur von Toyota erfüllt)]
Die aktuelle Politik der Bundesregierung scheint hier die eigenen Beschlüsse, wichtige Rahmendaten und Entwicklungen nicht ernst zu nehmen.

Für uns in der Region bedeutet dies einen Umbau einer unserer Leitindustrien – dem Automobil- und dem Motorbau. Die Auswirkungen auf Gesellschaft und Automobilhersteller bearbeitet die WRS in unterschiedlichen Konstellationen und Arbeitsgruppen, um notwendige flankierende Maßnahmen aufzuzeigen. Dies wird von B‘90/Die Grünen auch unterstützt!

Vor einigen Jahren haben wir das erfolgreiche Programm Nachhaltige Mobilität in der Region mit auf den Weg gebracht und konnten damit wichtige Akzente setzen. Dieses läuft nun aus und eine Fortsetzung durch entsprechende Bundes- und Landesprogramm wird obsolet (E-Mobilität). In den nächsten Jahren steht die Internationale Bauausstellung Stadt Region 2027 im Mittelpunkt unserer Zukunftsüberlegungen. Auch das „Vorgängermodell 1927“ hat in Zeiten großen Umbruchs vieles bewegt. Wir setzen darauf, dass auch hierbei auch die Mobilität neu „erfunden“ wird! Dies möchten wir durch ein zusätzliches Programm begleiten. Dabei geht es uns weniger um bunte Pläne und Skizzen, sondern um die konkrete Umsetzung, eine herausfordernde Aufgabe; daher auch die Unterstützung außerhalb der "normalen" IBA-Förderung.

Der Regionalverkehrsplan hat gezeigt, dass einige die Herausforderung „Nachhaltige Mobilität“ immer noch nicht verstanden haben und weiterhin viele Milliarden und teure Flächen für zusätzliche Straßen verplempern wollen. Abgesehen davon, dass die Umsetzung frühestens am Sankt-Nimmerleins-Tag kommt werden hierdurch auch neue, zusätzliche Belastungen geschaffen; nur halt an anderer Stelle!

Nachhaltige Mobilität muss Alternativen zum Auto bieten! Der ÖPNV-Ausbau ist hierbei nicht nur die beste Wahl gegen Stau, Fahrverbote. Er steigert auch die Attraktivität der Städte und Gemeinden.

In den letzten Jahren haben unsere Initiativen dafür gesorgt, dass der ÖPNV und insbesondere die S-Bahn erhebliche Fahrgaststeigerungen erfahren haben.

Die große Tarifreform steht vor der Tür und sorgt nicht nur für erhebliche Vereinfachung sondern reduziert die Fahrpreise für fast (!) alle Nutzer/innen und das um bis zu 30%! Der Erfolg hat immer viele Väter und Mütter – aber wer wollte bestreiten, dass die Grünen hier den Kurs bestimmt haben.

Auch die Express-Busse (Relex) sind ein guter Ansatz, bieten aber noch Potential (nicht jedoch mit Endhaltestelle Flughafen)!

Hier sollten wir die Wirkung der Tarifreform –Kreise statt Segmente – nutzen, um die Tangentialverbindungen zu stärken:
•    Die Express-Busse (Relex) müssen durch Verkürzung der Takte, neue Linien und besseres Marketing noch attraktiver werden.
•    Ebenso beantragen wir eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zur Auswahl einer Schienenverbindung Filder-Neckartal für die nächsten Wahlperiode

Die Tarifreform muss aber auch durch ein besseres Angebot begleitet werden. Die Menschen nutzen den Nahverkehr intensiver, soweit ein dichteres Angebot vorhanden ist, die Verbindungen und Reisezeiten attraktiv sind und Busse und Bahnen pünktlich und zuverlässig fahren!

Der 15 Minutentakt, Langzüge und die von uns beantragten zusätzliche S-Bahnen zum Regionalhalt Vaihingen werden hier einen zusätzlichen Schub bringen. Dies wird eine weitere erhebliche finanzielle Kraftanstrengung von uns verlangen! Wir werden hierbei auch nicht umhinkommen zusätzliche Fahrzeuge zu kaufen.

Wir wären noch weiter, wenn uns unserer Partner die DB nicht ständig neue Negativmeldungen bescheren würde:
•    Ausfall von Zügen (erst letzte Woche wieder gehäuft)
•    Verspätungen wegen schlechter Infrastruktur (Signal- und Weichenstörung)
•    nun auch noch erhebliche Preisaufschläge beim neuen Regionalprojekt P+R (Plochingen
Hier erwarten wir mehr Engagement der DB, aber auch des Bundes!!! Der Einbau von ETCS muss für den Verband kostenfrei erfolgen!

Enttäuschend sind für uns aber auch die An- und Abdienung der S-Bahn in den Kreisen! Bislang können und bis 2020 können noch nicht einmal alle S-Bahnfahrer/innen auf einen Anbindung im 30-Minutentakt vertrauen. Beim anstehenden 15-Minutentakt ist mehr Engagement der Kommunen und (Bus-)Unternehmen gefragt!

Wenn wir im Jahr 2019 das 25jährige Jubiläum feiern, sollte dies weniger Rückblick als Aufbruch sein noch entschiedener, schneller und kreativer unsere Aufgaben und Chancen wahrzunehmen.

Wir müssen den Menschen attraktive Angebote machen, dürfen dabei aber nicht Folgen für die Mitmenschen – auch jene am Neckartor - und Umwelt vergessen. Es mangelt dem Verband vielfach nicht an den richtigen Ideen – manchmal aber der eigen Courage und oftmals auch der nachhaltiger Überzeugungs- und Durchschlagskraft.

Ich möchte mich vorab schon für die Aufstellung des Haushaltsplans und die Bearbeitung der vielen Anträge bedanken bei der Verwaltung bedanken!

Meine Damen und Herren, ich habe mit den großen Herausforderungen begonnen.
Als Grüne wollen wir diese ernst nehmen und wie in den vergangenen Jahren mit dem Verband viel bewegen. In den kommenden Haushaltsberatungen gilt es daher den Kurs der ressourcenschonenden Planung und nachhaltige Mobilität beizubehalten und zusätzliche Segel zu setzen!