Wir lehnen die Ausweisung des regionalen Gewerbeschwerpunktes Bezäcker bei Mundelsheim ab.

Jede Versiegelung von Fläche in einem solchen Ausmaß zerstört unwiederbringliche Naturgüter und ökologische Ressourcen, die in der enorm verdichteten Region Stuttgart ohnehin selten sind und immer seltener werden.

 

Regionalversammlung 29. März 2023
Leo Buchholz

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Bopp, sehr geehrter Herr Regionaldirektor Lahl, sehr geehrte Herren Regionaldirektoren, liebe Kolleg*innen in der Regionalversammlung, liebe Zuhörenden,

auf den ersten Blick sind die Unterschiede zwischen den beiden Regionalplanänderungen, die wir heute beraten, marginal: Wir sprechen in beiden Fällen von gewerblichen Flächen, in beiden Fällen werden an einer ersten Stelle Flächen dem Grünzug hinzugefügt und an einer anderen Stelle aus dem Grünzug herausgelöst. Wir befinden uns sogar in beiden Fällen in derselben Raumschaft im Norden des Landkreis Ludwigsburg. Bei genauerem Blick sind die Un-terschiede in Bezug auf Entstehungsgeschichte, Ausmaß und städtebauliche Wirkung aber bedeutend.

Zur Regionalplanänderung in Bönnigheim gibt es eine interessante Vorgeschichte. Die Stadt Bönnigheim ist im Rahmen einer  Flächennutzungsplanänderung immer wieder an die Region herangetreten und bat um eine Erweiterung des Gewerbegebiets Lauffener Feld nach Osten hin, was unsere Verwaltung allerdings aufgrund des dort liegenden Grünzugs verneinen musste. Auf Initiative von den Kolleg*innen Traub und Schreiber kam es dann zu einem Vororttermin in Bönnigheim mit mehreren Fraktionen, an dieser Stelle noch einmal ein explizites Dankeschön an Sie. Wir haben vor Ort die Belange der Gemeinde gehört und uns interfraktionell darauf geeinigt, dass die Wünsche der Stadtverwaltung Bönnigheim sinnhaft und angemessen sind und dementsprechend einen Antrag gestellt.

Auch wenn die 179 Kommunen in unserer Region bei der Aufstellung des Regionalplans gehört wurden und ihre Anregungen eingebracht haben: Was wir fraktionsübergreifend sicherlich nicht wollen, ist, dass wir hier einen Präzedenzfall schaffen, der alle anderen Kommunen auch dazu bringt, die Grünzüge und -zäsuren auf ihren Gemarkungen zu hinterfragen. Die regionalen Grünzüge müssen ihren Wert behalten und dürfen nicht zur Verhandlungsmasse werden! Für unsere Fraktion ist Bönnigheim eine explizite Ausnahme!

Nichtsdestotrotz macht es in diesem Fall aus unserer Sicht Sinn einer Regionalplanänderung zuzustimmen. Durch den Tausch, wir nehmen schließlich eine Fläche östlich von Bönnigheim aus dem Grünzug und nehmen dafür eine Fläche im Norden der Ortschaft mit auf, gewinnt der regionale Grünzug vier Hektar Fläche, die ökologische Wertigkeit ist vergleichbar und im Norden der L 2254 verzichten wir auf eine Zerschneidung der Freiräume. Für unsere Fraktion ist diese Regionalplanänderung ein gutes Beispiel für ein nahezu einwandfreies Zusammenwirken der kommunalen politischen Ebenen mit positivem Ergebnis.

In Mundelsheim gestaltet sich für uns der Sachverhalt aber fundamental anders. Bereits vor zehn Jahren, als zum ersten Mal der Suchlauf zu neuen Gewerbeschwerpunkten entlang der A81 gestartet wurde, hat die Grüne Fraktion hiergegen gestimmt und die Argumente sind unserer Meinung nach wie vor aktuell.

Jede Versiegelung von Fläche in einem solchen Ausmaß wie hier zerstört unwiederbringliche Naturgüter und ökologische  Ressourcen, die gerade in einem enorm verdichteten Raum wie die Region Stuttgart ohnehin selten sind und immer seltener werden. Wir alle kennen die BodengüteWerte in dieser Raumschaft, wir alle kennen die Folgen von Versiegelung und wir alle kennen die ökologischen Werte, die unzerschnittene Freiräume für die Tier- und Pflanzenwelt haben. Als Fraktion standen wir noch nie im Weg, wenn die Notwendigkeit von baulichen Maßnahmen nachvollziehbar war, in Bereichen wie zum Beispiel den Erneuerbaren Energien sehen wir hier auch noch einen erheblichen Bedarf. Der Eingriff in den Freiraum, erst recht bei diesen Dimensionen, muss aber immer begründet sein.

Und genau hier sehen wir nicht den Bedarf. Es ist Ihnen allen nicht neu, dass wir das Werkzeug des regionalen Vorhaltestandorts, so wie wir es in der Region aktuell anwenden, hinterfragen. Die bereits ausgewiesenen Gewerbeschwerpunkte, auch an der A 81, sind keine automatischen Erfolgsgeschichten. Der erste Vorort-Besuch, den ich als Regionalrat in einer Gemeinde gemacht habe, war in Schwieberdingen. Und wenn ich mich nicht gravierend irre, dann sieht es dort seit dem Bürgerentscheid noch nicht wirklich anders aus. Solange Bedarfe der wirtschaftlichen Entwicklung nicht handfest formuliert werden können, sehen wir ehrlicherweise eine solche Perspektive auch nicht in Mundelsheim. Als Regionalversammlung müssen wir irgendwann aufhören zu erwarten, dass die Probleme, die wir mit den bereits ausgewiesenen Gewerbeschwerpunkten überall in der Region haben, mit zusätzlichen Gewerbeschwerpunkten gelöst werden!

Als ich 2019 in die Regionalversammlung gewählt wurde, wurde mir beigebracht, es sei ein Grundsatz unserer Regionalplanung, dass wir verkehrliche Anbindung mit gewerblicher Entwicklung koppeln. Und nach wie vor finde ich diesen Ansatz clever und höchst attraktiv. Aber zu Mundelsheim möchte ich in diesem Fall einmal aus der Vorlage zitieren:“Auf der den Standort tangierenden Landesstraße 1115 verkehrt aktuell nur die Freizeit-Buslinie 464, die für potenzielle Berufspendler kein nutzbares Angebot darstellt.”

Auch wenn die anderen Gewerbeschwerpunkte entlang der A81 auch verkehrlich alle nicht besonders gut angeschlossen waren, in Mundelsheim wären wir hier an einem neuen Tiefpunkt. Wir haben in Standortnähe weder Schienenanbindung noch überregionale Busanbindungen, wir müssen uns alle bewusst sein: Wer auch immer in diesem Gewerbeschwerpunkt arbeiten will, wird zwingend mit dem motorisierten Individualverkehr kommen und gehen. Für mich bedeutet das: Wenn wir heute Mundelsheim beschließen, dann müssen wir uns auch ehrlich machen und aufhören zu behaupten, wir würden Verkehr und Gewerbe intelligent zusammendenken.

Ich komme zum Fazit: Wir lehnen die Ausweisung dieses Vorranggebietes als reine Angebotsplanung ab. Notwendig ist vielmehr ein kluger, moderner Umgang mit den vorhandenen Gewerbeschwerpunkten und mit Brachen, außerdem eine aktive Problembewältigung an den Standorten, die wir in Schienennähe bereits ausgewiesen haben, die aber noch immer nicht entwickelt wurden. Moderne wirtschaftliche Entwicklung findet losgelöst von Flächenfraß statt.

In der folgenden Abstimmungen werden wir der Regionalplanänderung in Mundelsheim nicht zustimmen, der Regionalplanänderung in Bönnigheim aber selbstverständlich schon.

Vielen Dank!