Aussprache zum Entwurf der Haushaltssatzung für das Jahr 2025

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrter Herr Regionaldirektor, sehr geehrte Mitglieder der Regionalversammlung,

"Ich biete keine leichten oder bequemen Lösungen an, sondern neue Herausforderungen, die uns weiterbringen."

Diese zugegebenermaßen sehr freie Übersetzung des zentralen Motivs von Walt Whitmans Gedicht „Lied der offenen Straße“ passt auf unsere Zeit – und es passt gerade auf meine Partei. Als Grüne haben wir uns nie gescheut, unbequeme Wahrheiten anzusprechen und unbequeme Lösungen vorzuschlagen. Alles andere wäre aber nicht nur unterkomplex, sondern nachgerade fahrlässig. Denn: die Herausforderungen, vor denen wir in der Region Stuttgart und der gesamten Bundesrepublik stehen, sind nicht einfach nur groß, sie sind gewaltig und ohne Vorbild. 

Gerade in diesem Jahr hat die Klimakrise uns überdeutlich gezeigt, dass der Begriff „Jahrhunderthochwasser“ seinen Sinn verloren hat. Viel eher Leben wir in einem Jahrhundert der Hochwasser und anderer Extremwetterereignisse, deren Ursache wir wissenschaftlich eindeutig und unzweifelhaft benennen können: der massive Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 aufgrund nicht-nachhaltiger Wirtschaftsweisen und Lebensstile. Wer hier einfache Lösungen vorschlägt, oder gar den Menschen vorgaukeln will, man müsse gar nichts ändern, sondern könne einfach „technologieoffen“ abwarten, der lügt. Schlimmer noch, der betreibt das Geschäft populistischer Rattenfänger, die mit unserer Bundesrepublik und ihren demokratischen Werten nichts Gutes im Schilde führen.

Heruntergebrochen auf die Ebene der Region Stuttgart bedeutet das dann, die Region für diese gewaltigen Herausforderungen – Extreme Wetterereignisse, Ressourcenknappheit, der fundamentale Wandel unserer Wirtschaft in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit, sowie der Arbeitskräftemangel und dadurch notwendig werdende aktive Migrationspolitik – richtig fit zu machen, und zwar mit komplexen und anstrengenden Lösungen. 

In diesem Haushalt für 2025 setzen wir Grünen deswegen auf Innovation, Zusammenhalt und eine nachhaltige Regionalentwicklung, die die Menschen in den Mittelpunkt.. Dabei freut es mich, dass auch in dieser neuen Regionalversammlung gleich in den ersten Haushaltsberatungen wieder eine ganze Reihe interfraktioneller Anträge gelungen sind. Gemeinsam mit der CDU/ödp und der SPD wollen wir eine Bilanz des ÖPNV-Pakts nach 10 Jahren ziehen. Was hat gut funktioniert, wo müssen wir uns neuen Herausforderungen stellen, gemeinsam mit unseren Partnern in Land, Landeshauptstadt und den Landkreisen. Auch der gemeinsame Antrag zur Neukonzeption des Nachtverkehrs mit der CDU/ödp ist ein entscheidender Schritt, um die Mobilität in der Region flächendeckend und zuverlässig zu gewährleisten. Besonders in den Nächten von Sonntag bis Donnerstag ist der Bedarf für einen besseren Nachtverkehrsplan groß. Schließlich fordern wir, auch wieder zusammen mit der CDU/ödp, eine Bedarfsanalyse für die Hochschulregion Stuttgart, die untersucht, wie wir internationaler werden und den Weiterbildungsbedarf unserer Region besser adressieren können. Wir praktizieren also ganz konkret Gemeinsamkeit zwischen demokratischen Fraktionen und das ist gut so!

Wirtschaft

Lassen Sie mich nun mit unseren grünen Anträgen zur Großbaustelle Wirtschaft kommen. Gerade hier wird sich der Wohlstand der Region und ihrer Menschen in Zukunft entscheiden. Eine besondere Rolle spielen dabei Gründungen von neuen Unternehmen, junge (und nicht mehr junge) Menschen, die sich trauen als Gründer*innen den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Große Hoffnungen setzen wir auf das Startup-Ökosystem in der Region Stuttgart. In den Bereichen Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wollen wir gezielt junge, innovative Unternehmen fördern. Startups treiben den Wandel voran und sind das Rückgrat unserer Innovationskraft. Wir wollen die Bedingungen und Möglichkeiten für ein Kofinanzierungsprogramm von der Verwaltung erarbeiten lassen, das die Gründungslandschaft belebt und private Investitionen mobilisiert. Unser Ziel ist es, ein Netzwerk zu knüpfen, das die Region Stuttgart als Standort für zukunftsweisende Ideen und nachhaltige Lösungen stärkt.

Ein weiterer Bestandteil unserer Strategie ist der Aufbau eines KI-basierten Analysetools, das Kommunen und Landkreisen dabei hilft, datenbasierte Standortprognosen zu treffen und Wachstumschancen zu erkennen. Mit der Verknüpfung von Daten aus unterschiedlichen Quellen schaffen wir ein solides Fundament für fundierte Entscheidungen, die den wirtschaftlichen Wandel unterstützen. Hier zählen wir v.a. auf die große Expertise unserer Wirtschaftsförderung, der WRS, und ihren Mitarbeitenden.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die regionale Landwirtschaft, denn auch Landwirtschaft ist Wirtschaft. Die Einführung einer Marke für landwirtschaftliche Produkte wird die Sichtbarkeit und den Absatz regionaler Erzeugnisse fördern. Damit stärken wir die heimische Landwirtschaft und bieten den Menschen vor Ort nachhaltige und qualitativ hochwertige Produkte an. Eine digitale Vermarktungsplattform wird den Zugang zu diesen Produkten weiter erleichtern. Denn eine gesunde, regionale Landwirtschaft ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch ein Garant für regionale Wertschöpfung und Resilienz.

Planung

Meine ehemalige Fraktionskollegin Dorothee Kraus-Pause hat dazu sehr treffend formuliert: „Fläche ist nicht einfach da“, um sie besteht eine Nutzungskonkurrenz von Gewerbe, Wohnen, Landwirtschaft, Naherholung und Naturschutz. Wenn wir über die Zukunft der Region sprechen, dürfen wir deswegen den Flächenverbrauch und die Raumplanung nicht vergessen. Hier setzen wir auf nachhaltige Modelle. Der Antrag zur Renaturierung von Steinbrüchen zeigt, wie wir wertvolle Flächen der Natur zurückgeben können, nachdem der Abbau beendet ist. Solche Projekte verbinden wirtschaftliche Notwendigkeiten mit ökologischen Zielen und schaffen langfristig einen Mehrwert für die Region.

Besonders wichtig ist auch die Weiterentwicklung der „Glorious Hubs“. Dieses Modell setzt auf Nachverdichtungen in Bahnhofsnähe, um Wohnraum zu schaffen, ohne dabei zusätzliche Flächen zu versiegeln. Es geht nicht nur um mehr Wohnraum, sondern um intelligent geplante, zukunftsorientierte Lebensräume, die auch den Bedürfnissen der Pendler*innen gerecht werden.

Unser Antrag zur Überprüfung der regionalen Dichtewerte zeigt, dass wir uns auch im Bereich der Raumplanung weiterentwickeln müssen. Durch höhere Dichtewerte können wir den Flächenschutz stärken und gleichzeitig die benötigten Wohn- und Gewerbeflächen effizienter nutzen. Hier ist eine enge Abstimmung mit anderen Regionalverbänden notwendig, um die besten Lösungen für unsere Region zu finden.

Die Schienenausbauperspektiven sind ebenfalls ein zentrales Thema unserer Planung. Wir möchten alle aktuellen und geplanten Schienenprojekte frühzeitig in den Regionalplan einbinden, um langfristig die Mobilität der Region zu sichern. Diese Projekte sind entscheidend für eine nachhaltige Verkehrsinfrastruktur und tragen dazu bei, die Verkehrsströme in der Region zu optimieren.

Verkehr

Womit wir auch beim großen Bereich des regionalen Verkehrs wären. Die Zukunft des Verkehrs liegt im Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und in intelligenten Lösungen, die den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen gerecht werden. Zentraler Punkt hier ist die Inbetriebnahme von Stuttgart 21. Diese darf nicht auf Kosten des S-Bahn-Verkehrs geschehen. Geplante monatelange Sperrungen im Jahr 2026 stellen eine große Belastung für die Fahrgäste dar. Wir fordern daher eine sorgfältige Planung und die Minimierung der Sperrzeiten, um sicherzustellen, dass der tägliche Pendlerverkehr nicht übermäßig beeinträchtigt wird.

Die Aufenthaltsqualität in und außerhalb der S-Bahnen muss verbessert werden. Sicherheit ist dabei ein zentrales Thema. Wir fordern eine verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften an Bahnhöfen und in Nacht-S-Bahnen. Zudem wollen wir ein niederschwelliges Meldesystem einführen, das den Fahrgästen ermöglicht, sicherheitsrelevante Vorfälle schnell und unkompliziert zu melden. Damit schaffen wir mehr Sicherheit im öffentlichen Raum und stärken das Vertrauen der Fahrgäste in den Nahverkehr.

Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs setzen wir nicht nur auf technische Verbesserungen, sondern auch auf die Schaffung positiver Erlebnisse und die Würdigung des Engagements der Mitarbeitenden.

Ein besonders wirkungsvolles Projekt ist die Fortsetzung der Bahnhofskonzerte, die 2023 bereits erfolgreich durchgeführt wurden. Diese Konzerte haben an Bahnhöfen in der gesamten Region für Freude und positive Aufmerksamkeit gesorgt. Sie boten nicht nur regionalen Künstler*innen eine Bühne, sondern vermittelten den Fahrgästen unerwartet kulturelle Erlebnisse. Solche Aktionen tragen maßgeblich dazu bei, das Image des öffentlichen Nahverkehrs zu verbessern und die Bindung der Menschen an das System zu stärken.

Zusätzlich setzen wir auf eine Würdigung der S-Bahn-Mitarbeitenden. Wir planen, den Preis für die „S-Bahn Fahrerin des Jahres“ einzuführen. Diese Ehrungen sollen das Engagement und die tägliche Arbeit der Triebfahrzeugführer*innen in den Vordergrund rücken und die positive Wahrnehmung des Nahverkehrs in der Öffentlichkeit fördern. Dies ist nicht nur eine Anerkennung für herausragende Leistungen, sondern auch ein Anreiz für Mitarbeitende, sich weiter zu engagieren.

Abschluss

Es ist klar: Die Zukunft unserer Region hängt von den Entscheidungen ab, die wir heute treffen. Der Haushalt 2025 bietet uns die Chance, die Weichen für eine nachhaltige und innovative Region Stuttgart zu stellen. Unsere Anträge sind geprägt von der Überzeugung, dass wir zusammen mehr erreichen können – als Gesellschaft, als Wirtschaft und als demokratische Gemeinschaft.

Und im Anschluss an mein Walt Whitman-Zitat am Anfang bieten wir Grünen keine bequemen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit – sondern schwierige, aber hoffnungsvolle Antworten, die auf Zusammenhalt setzen, auf Zusammenarbeit und auf eine demokratische, nachhaltige Vision für die Region Stuttgart.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen gute Beratungen in den kommenden Wochen für einen zukunftsfähigen Haushalt 2025.

Vielen Dank!